Freitag, 6. November 2015

# 23 - Kann man so die Welt retten?

Wenn es Geld vom Himmel regnet

 

Der Autor des heute vorgestellten Buchs, Joachim Ackva, hat 2014 und 2015 mit mehreren spektakulären Aktionen in deutschen Großstädten eine bundesweite mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen: In Berlin, Frankfurt, Köln und München ließ er jeweils mehrere 1.000 Euro aus an Heliumballons befestigten Säckchen auf öffentlichen Plätzen vom Himmel regnen. Das Geld stammte aus seinem Privatvermögen. Den Sinn dieser Geldgeschenke erklärt er in seinem kürzlich erschienenen Buch Es regnet Geld für ein Weltkonto - Die Tausendstel-Frage .


Geben ist seliger denn Nehmen

 

Dieser Ausspruch aus dem Neuen Testament steckt im Prinzip hinter Ackvas Geldregen: Der Mitbegründer der Initiative "Planet Earth Account"  möchte Menschen darauf aufmerksam machen, dass sich die drängendsten Probleme der Weltgemeinschaft lösen ließen, wenn jeder ein Tausendstel seines Vermögens abgäbe. Nicht in eines der unzähligen Spendenprojekte, sondern auf ein eigens hierfür einzurichtendes Weltkonto, das bei den Vereinten Nationen angesiedelt sein sollte.
Die Argumente für die Notwendigkeit eines solchen Kontos sind nicht neu, werden von ihm aber noch einmal eindringlich ins Gedächtnis gerufen: Das Eigentum von 85 Einzelpersonen entspricht dem der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung; innerhalb von sieben Jahren wuchs der Schuldenberg der globalen Wirtschaft um 40 %. Dies sind nur zwei von mehreren Fakten, die für den Autor deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann.


Ein Tausendstel - ist das nicht fast nichts?

 

Ackva setzt in  seinem Modell auf Freiwilligkeit und hat diese anhand von Befragungen in mehreren Ländern zwischen März und Mai 2015 überprüfen lassen. Er räumt ein, dass die Hochrechnung der Befragungsergebnisse nur eine Orientierung geben kann. Die Erhebung wurde von TNS-Emnid und für die Niederlande von einem dort ansässigen Marktforschungsinstitut durchgeführt und brachte zum Teil überraschende Ergebnisse: Auf die Frage, ob sie einmalig ein Tausendstel ihres Vermögens auf ein Weltkonto überweisen würden, bejahten dies (hochgerechnet) 70 Millionen US-Amerikaner, 38 Millionen Deutsche, 21 Millionen Japaner, 14 Millionen Russen, 9 Millionen Briten und 4 Millionen Niederländer. Die Bereitschaft ist also bezogen auf die Bevölkerungszahl erwartungsgemäß in jedem Land sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ackva hat aufgrund der Angaben hochgerechnet, dass mit diesem Spendenverhalten 70 Milliarden US-Dollar verfügbar sein würden. Auch wenn im "Ernstfall" dann doch nur jeder 10. der Spendenwilligen tatsächlich sein Tausendstel hergeben würde, wäre der Startetat mit 7 Milliarden US-Dollar immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Jahresbudget der Vereinten Nationen (2015: 2,9 Milliarden US-Dollar).


Das sollte mit dem Geldtopf geschehen

 

Ackva hat die 17 "Nachhaltigen Entwicklungsziele" der Vereinten Nationen dargestellt, zu denen beispielsweise die weltweite Beendigung der Armut, die Bildung für alle, die Förderung eines inklusiven und nachhaltigen Wirtschaftswachstums und die Reduktion der Ungleichheit in und zwischen den Ländern gehören. Jedes für sich ist sehr ambitioniert und wurde seit vielen Jahren immer wieder gefordert. Die Erfolge sind hingegen sehr unterschiedlich und oft sehr gering ausgefallen.

Joachim Ackva hat sich auch Gedanken über die Organisation gemacht, die zwangsläufig hinter einem so gewaltigen Spendentopf stehen müsste. Er formuliert sowohl die nötigen Organisationsziele als auch den Aufbau der Infrastruktur auf globaler und nationaler Ebene. Das globe Lenkungskomitee könnte aus den ehemaligen Generalsekretären der Vereinten Nationen bestehen. Ihre Zahl ist sehr übersichtlich: Aus Altersgründen kämen vermutlich nur noch Kofi Annan und Ban-Ki Moon infrage; Boutros Boutros-Ghali sowie Javier Pérez de Cuéllar haben beide das 90. Lebensjahr überschritten und dürften zu einer solchen Aufgabe kaum noch bereit sein.  
Einzahler sollen die Möglichkeit haben, durch die Überweisung ihres Geldes auf ein bestimmtes globales Unterkonto, das für je eines der von den Vereinten Nationen festgelegten Ziele eingerichtet würde, sich konkret zu entscheiden, welches dieser Ziele sie unterstützen möchten. Sollte es zu einem zu großen Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Unterkonten kommen, wäre das Lenkungskomitee befugt, regulierend einzugreifen.

Das Risiko, dass das gesammelte Geld nicht die erhofften Erfolge haben könnte, sieht der Autor sehr wohl. Er siedelt jedoch die Chance, etwas Großartiges in einem nie dagewesenen Umfang zu erreichen, höher an, als ein Tausendstel des eingesetzten Privatvermögens zu verlieren.


Leseempfehlung?

 

Joachim Ackva hat eine Vision entwickelt, die einen denkbaren Weg zeigen soll, mit den zahlreichen und drängenden Problemen der Weltgemeinschaft fertig zu werden. Ich gebe zu, dass ich an einigen Stellen skeptisch bin, ob die Umsetzung so klappen würde, wie er es sich vorstellt. Der vorgeschlagene organisatorische Aufbau sieht zwar auf den ersten Blick noch relativ "schlank" aus, aber da es sich um viel Geld und zahlreiche Unterkonten handeln würde, müsste auch ausreichend Personal vorhanden sein. Würde dieses aus diesem Geldtopf oder aus anderen Mitteln bezahlt werden? Wie sollte eine effektive Finanz- und Kostenkontrolle aussehen, die Korruption und das Versickern der Spendengelder verhindert? Wie ist es rechtlich möglich, Gelder, die ausdrücklich einem bestimmten Unterkonto zugedacht sind, durch das Eingreifen des Lenkungskomitees (das dann aus zwei älteren Herren bestehen würde) auf ein anderes Unterkonto umzubuchen? Vor diesem Problem stehen immer wieder Hilfsorganisationen, die genau das nicht dürfen, obwohl es oft sinnvoll wäre.

Trotz meiner Bedenken an der einen oder anderen Stelle finde ich, dass man diesen von Joachim Ackva aufgenommenen Gedanken weiterverfolgen sollte. Vor der Ingangsetzung eines Plans steht immer eine Vision, und Visionäre sind es, die Anregungen geben und das Denken in andere Bahnen lenken. Deshalb wünsche ich ihm sowohl für seine Vision als auch für sein Buch alles Gute! 

 
Dem Buch Es regnet Geld für ein Weltkonto - Die Tausendstel-Frage sind im Anhang die Ergebnisse der o. g. Meinungsumfrage, ein Kapitel mit Betrachtungen, Reaktionen auf die Geldregen-Aktionen sowie ein ausführliches Quellenverzeichnis beigegfügt. Die letzten Worte des Buches sind ein Zitat von Nelson Mandela: "Es erscheint immer unmöglich, bis man es getan hat."

Das Buch wurde im Verlag Indie Publishing herausgegeben und kann sowohl bei Books On Demand  als auch über den stationären Buchhandel zum Preis von 6,90 € bestellt werden. 
Es wurde mir von Blogg dein Buch zur Verfügung gestellt, wofür ich mich herzlich bedanke.