Freitag, 25. November 2016

# 77 - Superheld gesucht - und schon gefunden

Super-Thriller mit einem super Team aus Italien

 

Der Finger im Revolverlauf ist ein Super-Thriller. Das findet zumindest der Autor Carlo Manzoni, der diese Persiflage auf amerikanische Krimis 1960 unter dem Titel Ti spacco il muso, bimba! veröffentlicht hat. Auf Deutsch ist das Buch erstmalig 1963 erschienen.
Carlo Manzoni hat neun dieser humorvollen Krimis rund um das unschlagbare Privatdetektiv-Duo Chico Pipa und Gregorio Scarta, genannt Greg, geschrieben, Der Finger im Revolverlauf ist der zweite Band.

Sechs Beine laufen mehr als zwei

 

Chico ist zwar ein richtig toller Typ, den nichts so schnell erschüttern und dem keiner etwas vormachen kann, aber ohne Greg wäre er nur ein halber Mensch. Sein bester Freund und Partner, dessen Name sogar auf der Bürotür der Detektei steht, ist ein Hund. Kein gewöhnlicher Kläffer, der nur zwischen Fressnapf, Hundewiese und Körbchen pendelt; nein, Greg ist ein ausgebildeter Polizeihund, der allen Gangstern den Tod geschworen hat, seit sein Bruder Bud von einem dieser kriminellen Subjekte ermordet wurde. Der Hund nimmt seine Aufgabe sehr ernst.Vielleicht sogar ernster als sein Kompagnon, der genau weiß, dass er ohne seinen treuen Freund aufgeschmissen wäre.
Chico hat es nicht so mit regelmäßigen Mahlzeiten. Aber das heißt nicht, dass er dem Konsum von verarbeitetem Getreide nicht aufgeschlossen gegenüberstünde: An gefühlt jeder Straßenecke kehrt er in eine Kneipe ein, um seine Leber nicht vom Bourbon zu entwöhnen. Was für einen Mann gut ist, kann für einen Hund nicht schlecht sein: Auch Greg wird ab und an mit einer Extra-Portion dieses süffigen Getränks verwöhnt. 

Ein Mann, ein Hund, zahllose Heldentaten


Chico erhält einen Anruf von einer Frau, die sich Duarda nennt. Er ist von ihrer Stimme total fasziniert und glaubt ihr sofort, dass er mit ihr verabredet ist. Beim Ankleiden findet er in seiner Jacke 2.000 Dollar, deren Herkunft er sich nicht erklären kann. Hat ihm jemand im Voraus Geld für einen Auftrag gegeben? Leider hat der clevere Detektiv einen kompletten Filmriss und kann sich an den letzten Abend nicht mehr erinnern. Zu viel verarbeitetes Getreide. Beim Griff in die Hosentasche findet er ein Stück nach Alpenveilchen riechendes Toilettenpapier, auf dem mit Lippenstift eine Adresse notiert wurde: 47. Straße 432 B. Doch auf dem Weg zu der geheimnisvollen Frau merkt Chico, dass er verfolgt wird. Da er den Fahrer nicht abschütteln kann, zwingt er ihn mit einem gewagten Manöver zu einer Vollbremsung. Dumm nur, dass der Kerl bewaffnet ist und offenbar plant, mit einem Schuss Chicos beste Krawatte zu ruinieren. Das darf nicht passieren! Chico gelingt es tatsächlich, den Ganoven mit dem Zeigefinger in dessen Pistolenlauf zu stoppen. Sein Finger wird dabei ein bisschen lädiert, aber solche lächerlichen Verletzungen schüttelt einer vom Format dieses Super-Detektivs lässig ab. Leider kann man das nicht von der Pistole sagen: Sie lässt sich nicht mehr vom Finger abziehen.

Auf fast jeder Seite eine Heldentat

 

Auch wenn Manzoni mit Der Finger im Revolverlauf das klassische Krimigenre durch den Kakao zieht, kommt er selbstverständlich nicht ohne Tote aus. Zwischenzeitlich sterben Menschen wie die Fliegen, und immer ist unser Super-Detektiv so unmittelbar in der Nähe, dass Polizeileutnant Tram und Sergeant Kautschuk gar nicht anders können, als ihn ständig zu verhaften und kurz darauf wieder freizulassen. Die Situation wird immer komplizierter, aber Chico behält immer irgendwie den Überblick - ganz im Gegensatz zu den beiden Polizisten. Gibt es Krimis, die ohne eine Prise Romantik auskommen? Nein. Dieser auch nicht.

Der Finger im Revolverlauf ist ein witziger Krimi, der durchgehend gut unterhält. Dass die deutsche Erstveröffentlichung mehr als 50 Jahre zurückliegt, merkt man der einen oder anderen Formulierung an. Das Buch ist damit auch ein gutes Beispiel, wie sich die deutsche Sprache in den letzten Jahrzehnten verändert hat. 
Dieser Super-Thriller ist nur noch antiquarisch erhältlich und hat damals 2,80 DM gekostet. Ein Preis, der mich heute begeistern würde.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Bettina Schnerr, die das Buch aus der Schweiz zu mir auf die lange Reise nach Norddeutschland geschickt hat. Bettina ist selbst eine eifrige Bloggerin und schreibt auf ihrem Blog Bleisatz. über Bücher und Kulturelles.