Sonntag, 1. Oktober 2017

#Buchpassion - Lieblingsautor

#Buchpassion - Was steckt dahinter?

 

Die Buchbloggerin Janine Rumrich aus Chemnitz schreibt auf ihrem Blog Kapri-zioes schon seit vier Jahren über ihre Leidenschaft, das Bücherlesen. Sie hat in diesem Jahr zum zweiten Mal die Online-Aktion "Buchpassion" gestartet, die sich an Autoren, Leser, Blogger und Unternehmen aus der Buchbranche richtet. Die Aktion aus dem letzten Jahr hatte ich nicht mitbekommen, doch diesmal habe ich mich angeschlossen. Die Aufgabe: Stell deinen Lieblingsautor oder deine Lieblingsautorin vor. Erster Reflex: Was? Nur eine/n? Aus dem Stand fallen mir mehrere ein, die an dieser Stelle genannt werden sollten. Also nachgedacht. Wessen Bücher mochte ich (fast) ausnahmslos? Wessen Bücher würde ich ein weiteres Mal lesen oder habe es schon getan? Wer gibt mir etwas mit, an das ich mich noch erinnere, wenn das Buch schon längst wieder im Regal steht?

Das ist er: mein Lieblingsautor

 

Mein Lieblingsautor wurde 1927 geboren und ist 2014 verstorben - wie ich irgendwo gelesen habe, war er in den letzten ein oder zwei Jahren vor seinem Tod dement. Er stammt aus Kolumbien, hat ein bewegtes Leben hinter sich und 1967 den Roman Cien años de soledad  veröffentlicht, für den er 15 Jahre später den Literaturnobelpreis bekam: Gabriel García Márquez. Dieses Buch, das das erste von ihm war, das ich gelesen habe, ist drei Jahre nach der Originalausgabe unter dem deutschen Titel Hundert Jahre Einsamkeit erschienen. In dieser abgebildeten Ausgabe von 1982 steht es noch heute in meinem Bücherschrank. Gelesen habe ich es vermutlich um 1985 herum. Nach diesem Buch war ich von Márquez "infiziert", und ich habe nach und nach alle seine Titel gelesen, die auf Deutsch erschienen sind.

Warum gerade er?

 

Márquez war bekennender Sozialist und auch mit Fidel Castro befreundet, aber kein demagogischer Typ. Seine politische Überzeugung spiegelt sich mehr oder weniger stark in allen seinen Büchern wider, ist aber nicht der Grund, warum er seit Jahrzehnten bei mir ganz oben steht. Ich habe vielmehr bewundert, wie es Márquez immer wieder geschafft hat, Elemente seines Lebens mit einer fiktionalen Geschichte sowie politischen Ereignissen in Südamerika zu verbinden. Dieses Heranziehen von tatsächlichen Begebenheiten hat ihn auch in Bedrängnis gebracht: In Bericht eines Schiffbrüchigen geht es zwar vordergründig "nur" um die Erlebnisse eines schiffbrüchigen Matrosen eines kolumbianischen Kriegsschiffs, tatsächlich aber wird beim Lesen deutlich, dass das Kriegsschiff in erster Linie deshalb gesunken ist, weil es mit geschmuggelten Haushaltsgeräten hoffnungslos überladen war. Ein Umstand, dessen Bekanntwerden dem damaligen kolumbianischen Diktator Pinilla so wenig gefiel, dass sich Márquez genötigt sah, mehrere Jahre aus dem Ausland für eine kolumbianische Tageszeitung zu arbeiten.
Márquez' Nachlass ist vielfältig und umfasst nicht nur Romane wie Hundert Jahre Einsamkeit, Die böse Stunde oder Von der Liebe und anderen Dämonen. Da die Arbeit als Zeitungsjournalist nach seinem abgebrochenen Jura-Studium lange Zeit Márquez' Brotberuf gewesen ist, finden sich in seinem literarischen Gesamtwerk auch hiervon Spuren. Der Titel Die Abenteuer des Miguel Littín ist hierfür ein Beispiel: Der chilenische Regisseur, dem es während der Diktatur von General Pinochet streng verboten war, in sein Heimatland zurückzukehren, führte in Chile 1985 in einer generalstabsmäßig geplanten Aktion mit mehreren Teams heimlich Dreharbeiten an einem Dokumentarfilm über die bis dahin schon zwölf Jahre dauernde Militärdiktatur durch. Márquez lässt Littín in seinem Buch erzählen; durch die Ich-Form erreicht die Reportage eine große Authentizität und so etwas wie einen greifbaren Realismus. Im Band Zwischen Karibik und Moskau - Journalistische Arbeiten 1955-1959 berichtet Márquez von seinen Eindrücken, die er damals von Europa westlich und östlich des Eisernen Vorhangs und Venezuela hatte. Interessant: 1959 hatte er von Berlin das Bild einer "irren Stadt" ("Berlin es un disparate") und sprach im selben Jahr davon, dass "der russische Mensch allmählich der Gegensätze überdrüssig" werde; gemeint waren die Gegensätze zwischen der westlichen Konsumwelt und der der UdSSR sowie der Diskrepanz dessen, was der Staat wollte (Erfolge in der Raumfahrt etc.) und dem, was seine Bürger brauchten (ein regendichtes Dach über dem Kopf, haltbare Schuhe an den Füßen usw.). Diese Schilderungen sind immer klar und deutlich, dabei aber unaufgeregt und sachlich.
Ich habe, bevor ich mit dem Schreiben dieses Textes begonnen habe, alle Bücher, die sich von Gabriel García Márquez in meinen Regalen befinden, um mich herum aufgebaut und hatte die Vorstellung, zu jedem eine Kleinigkeit zu schreiben. Angesichts der Länge, die dieser Text bereits erreicht hat, verkneife ich mir das nun. Wer bisher noch nichts von Márquez gelesen hat, sollte zum Einstieg mit Zwölf Geschichten aus der Fremde beginnen. Anhand der hier versammelten Erzählungen kann man den Erzählstil des Autors gut kennenlernen und entscheiden, ob man mehr von ihm lesen möchte.

An der Aktion Buchpassion sind natürlich noch etliche andere Blogs beteiligt. Welche das sind, könnt ihr hier erfahren. 

13 Kommentare:

  1. Hey Ina,

    Ein toller Beitrag zur #buchpassion. Ich wollte ihn mal direkt auf spanisch lesen, aber das war für mich leider zu anstrengend.
    Man merkt bei deinem Text wie gern du den Autor magst und ich finde es gut, dass du auch einen Tipp für Einsteiger gibst.

    LG, Moni

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  2. Hi Moni, ich freue mich, dass dir der Text gefallen hat. Da ich bis auf einige wenige Vokabeln keine Spanischkenntnisse habe, bin ich nie in die Versuchung geraten, die Originale lesen zu wollen. Ich habe das aber mal vor langer Zeit bei "Der Name der Rose" von Umberto Eco mit der englischen Version versucht. Mit dem Ergebnis, dass das Wörterbuch mein bester Freund würde. Liebe Grüße, Ina

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  3. Hallo Ina,

    danke für diesen tolle Beitrag. Ich habe mich schon gefragt, wann jemand noch Márquez als seinen Lieblingsautor nennt. ;-) Gute Wahl!

    Viele Grüße,
    Janine

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    1. Ich glaube, dass das eine Generationenfrage ist. Nenne ich den Namen gegenüber Leuten, die mindestens so alt sind wie ich, bekomme ich noch eine Rückmeldung. Aber die heute 20- oder 30-Jährigen können mit seinem Namen in der Regel nichts mehr anfangen. Da hilft dann auch der Nobelpreis nicht mehr viel, weil die Verleihung stattfand, als viele jüngere Leser noch gar nicht geboren waren. Aber vielleicht entdeckt ihn ja jetzt jemand für sich von denjenigen, die meinen Beitrag gelesen haben.
      Viele Grüße
      Ina

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  4. Deine Begeisterung ist herauszulesen, ein wirklich schöner Beitrag. Ich selbst habe von dem Autoren (so weit ich mich erinnere) noch kein Buch gelesen ...

    Hab einen feinen Sonntag!

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    1. Liebe Janna, du wüsstest es sicher noch 😉 Als ich "Hundert Jahre Einsamkeit" gelesen habe, war ich etwa ein Jahr vor dem Abi. Da muss das Buch etwas in mir bewegt haben, dass ich auch alle anderen Bücher von ihm gelesen habe.
      Auch für dich eine schönen Sonntag!

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    2. Wenn die Bücher so intensiv in Erinnerung bleiben, habe ich wohl keines gelesen ;)

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    3. Da ich ein paar Jahre älter bin als du, hatte ich mehr Zeit, mich in der Bücherwelt umzusehen. Aber es kann sein, dass du dem Autor, dessen Bücher dich wirklich packen, weil sie dir etwas zu sagen haben, noch nicht begegnet bist. Das ist ja auch eine sehr persönliche Sache. Dir noch einen schönen Tag!

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  5. Moin, liebe Ina,
    ich weiß hundertprozentig, dass ich ein Buch von ihm im Regal stehen habe. Mir kommen auch viele seiner Titel bekannt vor, aber ich weiß partout nicht, welches es ist. Aber da ich derzeit eine Bestandsaufnahme mache, werde ich in Kürze drüber stolpern.
    Und Du hast mich zumindest so neugierig gemacht, dass ich mir gleich mal sein "Leben und Werk" von Dagmar Ploetz bestellt habe.
    Liebe Grüße, Anne

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    1. Liebe Anne, ich bin gespannt, welches Buch von ihm du aus den Tiefen deiner Regale hervorzauberst. Über die vielen Lesejahre wird sich auch bei dir eine Menge angesammelt haben.
      Liebe Grüße
      Ina

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  6. Liebe Janna,

    dein Beitrag gefällt mir sehr.

    Von Marquez kenne ich nur "Hundert Jahre Einsamkeit". Nach deinem ansprechenden Artikel werde ich jetzt doch mal einen weiteren Roman von ihm lesen.

    Liebe Grüße

    Rosa

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    1. Liebe Rosa,
      ich freue mich, dass ich dich dazu animieren könnte, weitere Bücher meines Lieblingsautors zu entdecken. Ich hoffe, dass sie dir ebenso gefallen wie "Hundert Jahre Einsamkeit".
      Viele Grüße, Ina

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  7. Liebe Andrea,
    das freut mich sehr. Es wäre schön, wenn du hier ab und zu vorbeischaust.
    LG, Ina

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