Freitag, 16. Juni 2017

# 104 - Adam und Eva sind in der Gegenwart angekommen

Ein Zukunftsszenario, an dem wir sehr dicht dran sind 

 

2020: Die politische und gesellschaftliche Landschaft in Deutschland hat sich gehörig verändert. Die CSU ficht zum x-ten Mal einen Machtkampf aus, der der Presse aber keine Meldung wert ist. Provinzparteien, die am Boden liegen, interessieren nun mal keinen Menschen. Dieter Bohlen sitzt immer noch in der DSDS-Jury, tauscht aber wieder mal die Mitjuroren aus, weil sie ihm wegen ihres Alters nicht mehr zur Zielgruppe zu passen scheinen. Und die heutigen Global-Player Amazon, Microsoft, Google, Facebook und Apple sind in der Bedeutungslosigkeit versunken, seitdem sie von dem Mediengiganten SkyCorp geschluckt wurden. Dessen Chef Marc Donnelly gibt sich privat äußerst bedeckt und geht auch mit Unternehmensinformationen sehr sparsam um. SkyCorp ist auf dem Weltmarkt so dominant, dass praktisch jede Firma und jede Branche mehr oder weniger von dem Konzern abhängig ist. Ob Internet, Mobilfunk, Datenbanken, Suchmaschinen: 97 % des Marktanteils befinden sich in der Hand des Unternehmens. Doch es gibt Gerüchte, die in Medienkreisen die Runde machen: Die längst erwartete neue Version der Sky-Suchmaschine Sky-Search soll nicht auf den Markt kommen, um irgendetwas zu vertuschen. Das macht den Chefredaktuer bei worldnews.de, Dr. Leo Nolte, hellhörig. Er will ein "frisches Gesicht" für ein Interview auf Donnelly ansetzen und schlägt Eva Röller vor. Vor diesem Hintergrund baut sich die Handlung im Roman Versuchung des Autors und Journalisten Harry Luck auf, der damit bereits sein 14. Buch veröffentlicht hat.


Jungreporterin trifft einflussreichen Strippenzieher


Eva Röller ist eine junge, arbeitslose Nachwuchsjournalistin aus Berlin, die aber immerhin von sich sagen kann, schon mal mit einem spektakulären Interview, das sie mit dem Berliner Innensenator geführt hatte, auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Sie hat erst seit Kurzem ihren Bachelor in der Tasche und hofft auf irgendeinen Job, der nicht in der Redaktion eines Werbeblättchens ist. Da kommt ihr das Angebot von Nolte beinahe wie ein Sechser im Lotto vor: Er beauftragt sie, mit dem medienscheuen Donnelly in Bangkok am Hauptsitz von SkyCorp ein Interview zu führen. Den Kontakt zu worldnews.de hält sie über den Kollegen Adam Berger. Eva sieht in diesem Job ihre große Chance und schafft es tatsächlich, einen Termin beim Firmenboss zu ergattern. Doch das Interview läuft nicht so, wie sich es vorgestellt hat, und viel zu spät merkt Eva, dass Donnelly ihr eine Falle stellt, um ihre Glaubwürdigkeit und Seriosität zu untergraben. Doch sie stößt bei ihren Recherchen auf den Namen Tom Baron und erfährt von dem worldnews-Reporter Pöschke, dass dieser für den großen wirtschaftlichen Erfolg der SkyCorp verantwortlich gewesen ist und bereits als Nachfolger von Donnelly aufgebaut worden war, dann aber 2015 nach einer Pressekonferenz plötzlich von der Bildfläche verschwand. Sein Name ist seitdem nirgends mehr aufgetaucht, aber Pöschke weiß, dass Baron noch leben muss: Der ehemalige Geschäftsmann erhält jeden Monat von SkyCorp eine üppige Gehaltszahlung, die ihm auf ein Konto einer Berliner Bank überwiesen wird. Die Situation wird noch undurchsichtiger, als Eva in Bangkok in einen Hinterhalt gerät und ihr Skyphone gestohlen wird. Doch die Unterlagen, die sie kurz zuvor von Pöschke erhalten hat, finden die Täter nicht. Eva setzt ihre Ermittlungen nun in Berlin fort und wird dabei von Adam untertsützt. Die beiden befinden sich in höchster Gefahr, als Eva in den Besitz eines Speichersticks gerät, auf dem sich der Programmcode der neuesten Version von Sky-Search befindet. Mit ihm ist es möglich, alle auf der Welt elektronisch verfügbaren Daten einzusehen und zu manipulieren.

Wie war's?

 

Versuchung  ist ein unterhaltsames Buch, das zeigt, welche Zukunft wir hinsichtlich der Sicherheit und Transparenz unserer Daten möglicherweise noch vor uns haben. Der Roman wurde bereits 2014 als Hardcover herausgegeben und damals noch als Thriller bezeichnet. In der jetzt neu aufgelegten Taschenbuchausgabe spricht Luck nur noch davon, dass sein Buch ein Roman ist. Diesen veränderten Blick würde ich unterstützen, weil ich mir unter einem Thriller ein Werk mit einem besser ausgearbeiteten Spannungsverlauf vorstelle. 
Die von Luck erwünschte Parallele zwischen dem biblischen Paar Adam und Eva und den beiden Journalisten gleicher Namen in Versuchung hätte besser ausgearbeitet werden müssen, um glaubwürdiger zu wirken. An manchen Stellen wirkt die Annäherung der beiden etwas gewollt.

Aber der Autor blickt auch mit Humor auf das, was uns in nur noch drei Jahren erwartet: Er sieht Til Schweiger zum zwölften Mal gleichzeitig als Produzenten und Schauspieler zusammen mit seiner Tochter Emma in seinem neuesten Film "Dosenravioli". Eines ist sicher: Til Schweiger ist da auf einem guten Weg.

Versuchung ist in der mir vorliegenden Taschenbuchausgabe 2017 bei epubli erschienen und kostet 9,99 Euro.