Monika Niehaus und Michael Wink sind promovierte Naturwissenschaftler und haben sich in ihrem Buch Wie man Männer in Schweine verwandelt und wie man sich vor solch üblen Tricks schützt der klassischen Antike aus einer ganz neuen Perspektive genähert.
Man muss die "Ilias" und die "Odyssee" des griechischen Dichters Homer nicht gelesen haben, um einige Figuren daraus zu kennen. Die Abenteuer von Odysseus, dem König von Ithaka, und seine Begegnungen sowie die weiterer griechischer Sagenhelden mit Zauberinnen, Ungeheuern und anderen mythischen Gestalten sind weltbekannt. Immer wieder ist dort von Zaubertränken oder -salben die Rede und von Menschen, die sich nach dem Kontakt mit ihnen euphorisch, phlegmatisch oder erratisch wütend verhielten.
Homers "Odyssee" ist keine Tatsachenbeschreibung, sondern schildert epische Geschehnisse. Die beiden Wissenschaftler haben jedoch aufgrund der Beschreibungen versucht nachzuvollziehen, welche naturwissenschaftlichen Indizien hinter diesen dort und in der "Ilias" beschriebenen Phänomenen stecken.
Doch es geht Niehaus und Wink nicht nur um die dunklen Seiten der frühen Pharmakologie, sondern auch um Liebeselixiere und Heilmittel. Dabei richten sie ihren Blick immer wieder auf die Frage, inwieweit diese schon früh verwendeten Substanzen auch in unserer Zeit noch eine Rolle spielen. Nicht zuletzt geht es auch um Sagengestalten wie zum Beispiel Zyklopen, deren Aussehen sich ebenfalls auf pflanzliche Wirkstoffe, die sich in der Ziegenmilch befunden haben, zurückführen lässt.
Bei allem gilt: Die Dosis macht das Gift. Wirkstoffe, die in geringer Konzentration heilend und wohltuend wirken, töten einen Erwachsenen in wenigen Minuten. Niehaus und Wink belassen es jedoch nicht bei der Erläuterung dessen, was da wohl vor 3.000 Jahren Pflanzenkundige getan haben mögen. Sie erklären anhand von Tafeln die wichtigsten Rauschpflanzen und Gifte.
Das Buch ist humorvoll geschrieben, Fachbegriffe werden unmittelbar erklärt. Für Laien ist es darum kein Problem, den Erläuterungen zu folgen. Auch Dinge, die man schon zu wissen glaubt, werden aufgegriffen: Woher kommt das Wort "Droge" und was bedeutet es ursprünglich? Welcher getrocknete Waldpilz sorgt nach dem Verzehr für ekstatische Halluzinationen und hat die Besonderheit, dass der Urin derjenigen, die ihn konsumiert haben, noch stärker berauschend wirkt? Und woher kommt das Bild von den auf Besen reitenden Hexen?
Wie man Männer in Schweine verwandelt und wie man sich vor solchen üblen Tricks schützt endet mit einem Hinweis auf das sog. 'Odysseus-Phänomen'. Mit dem Begriff ist die existenzielle Unsicherheit von Migranten, die in psychische Belastungsstörungen mündet, gemeint. Das soll auch Odysseus so empfunden haben, wie es Homer in der "Odyssee" (5. Gesang, Vers 82-85) beschreibt:
Für Niehaus und Wink schließt sich damit in der Gegenwart ein Kreis, der in der Antike seinen Anfang genommen hat.
Wie man Männer in Schweine verwandelt und wie man sich vor solchen üblen Tricks schützt ist 2020 im S. Hirzel Verlag erschienen und kostet als gebundene Ausgabe 24 Euro.
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