Welche tatsächlich die schönste Insel der Welt ist, liegt natürlich immer im Auge des Betrachters. Aber Thilo Schmid hat seine Wahl getroffen: Mallorca. Die größte Insel der Balearen ist seit einigen Jahren sein Sehnsuchtsort, an dem er sich zu Hause und mit dem er sich verbunden fühlt.
Schon vor etwa zwanzig Jahren schrieb Schmid Gedichte und erlangte mit ihnen so viel Aufmerksamkeit, dass er mehrere Literaturpreise erhielt. Doch dann kam das Leben dazwischen, und die Poesie trat in den Hintergrund - bis er zum ersten Mal nach Mallorca kam. Die Landschaft und Atmosphäre der Insel ließen etwas in ihm zum Klingen bringen und brachten Thilo Schmid wieder zum Schreiben. Du bist eine Insel entführt seine Leserinnen und Leser in ein Mallorca fern von Ballermann und Schinkenstraße.
Schmids Gedichte sind kurz, aber greifen sehr feinfühlig Stimmungen und Emotionen auf. Seine bildliche Sprache lässt die Serra de Tramuntana, Schmids Lieblingsgegend, vor dem inneren Auge erstehen. Da ist die blühende Bougainvillea, die symbolisch für die Liebe steht; die an den Feigenbaum gelehnte Leiter wird zu einem Weg in den Himmel mit seinen Sternen; die Heftigkeit eines Morgengewitters wird mit Fischer- und Kriegsmotiven beschrieben.
Wie eng der Dichter sein Band mit Mallorca empfindet, drückt u. a. das Gedicht Glücklicher Moment aus, das mit einem christlichen Motiv spielt:
Die Sonne steht im Zenit.
Für einen Moment werfen wir
keinen Schatten
und nichts wirft Schatten
auf uns.
Erhitzt taufen wir uns
im Becken des Baches.
Unlösbar von nun an unsere Gemeinschaft
mit der Insel.
Die Künstlerin Birte Thurow war zunächst nur gebeten worden, das Cover zu gestalten. Doch Schmids Gedichte lösten bei ihr so viel Inspirationen zu farbgewaltigen Kunstwerken aus, dass einige von ihnen den Weg ins Buch fanden. Jedes dieser Bilder unterstreicht die Wirkung der Worte, die Thilo Schmid für seine Poesie gefunden hat.
Schmid versteht Du bist eine Insel als ein Geschenk an Mallorca und seine Naturschönheiten. Da lag es nahe, die Gedichte ins Spanische übersetzen zu lassen. Diese sensible Aufgabe hat das renommierte Übersetzer-Duo Angelica Ammar und Javier Salinas übernommen. So stehen den deutschen Versen immer auch die spanischen gegenüber.
Zeitgleich mit Du bist eine Insel ist das Buch im April 2023 unter dem Titel Eres una Isla in Spanien erschienen.
Thilo Schmidt im Interview
Ich habe mich mit Thilo Schmid über sein Buch und sein Leben unterhalten, um ihn ein bisschen kennenzulernen. Seine offenen Antworten auf meine neugierigen Fragen lest ihr hier:Du lebst in Hamburg und hast mit Deinem Gedichtband "Du bist eine
Insel - Eres una Isla" der Baleareninsel Mallorca ein romantisches und
strahlendes Denkmal gesetzt. Warum fühlst Du Dich gerade auf dieser
Insel so zu Hause?
Für mich war die Begegnung mit Mallorca wie eine Liebe auf den ersten
Blick. Als ich die Insel zum ersten Mal betreten habe, war es mir, als
käme ich nach einer langen Reise zurück nach Hause. Ich
liebe ihre unterschiedlichen
Landschaften, vor allem den Nordwesten der Insel, das Zusammentreffen von Bergen und Meer, die besondere Vegetation dort, die kleinen, versteckten
Buchten, die pittoresken Städtchen, die engen Straßen
entlang der Küste, den weiten Sternenhimmel, den mineralischen Wein, die
beruhigende Abgeschiedenheit, das Archaische. Alles dort bringt mich zum Klingen. Lässt mich „Mensch“ sein und zu
meinem Kern, zur Ruhe kommen. Ich bin nirgendwo auf der Welt glücklicher
und
zufriedener als dort. Aber das hat auch viel mit Julia zu tun, der Frau, die mir diesen Ort gezeigt hat, mit der ich dort sein darf
und die ich liebe.
Bevor Du "Du bist eine Insel" veröffentlicht hast, hat es von Dir
über zwanzig Jahre kein Buch gegeben. Was hat Dich daran gehindert,
nicht schon früher wieder einen Titel herauszugeben?
Es gab keine Notwendigkeit zum Schreiben. Tatsächlich sind fast
zwanzig Jahre lang keine Texte, keine Gedichte entstanden. Es war
einfach nicht an der Zeit. Mit der Begegnung mit Julia sind die Gedichte
zurückgekehrt. In den letzten Jahren sind nun gleich
mehrere Hundert entstanden - diese mussten noch einige Zeit „reifen“
und sind nun in der Welt.
Ich habe gelesen, dass Du damals einige namhafte Literaturpreise
bekommen hast und als das vielversprechendste Talent Deiner Generation
bezeichnet wurdest. Du wurdest in einem Atemzug mit Botho Strauß oder
Patrick Süskind genannt. Dennoch bist Du diesen
literarischen Weg nicht weitergegangen, sondern hast Deine berufliche
Laufbahn ganz anders gestaltet. Was waren die Gründe für diese
Entscheidung?
Trotz des Erfolges damals habe ich mich tatsächlich nie als
Schriftsteller empfunden, sondern als schreibender Mensch mit vielerlei
Interessen, vor allem aber war ich immer vor allem begeistert von
Büchern - sie haben meine persönlichen und beruflichen
Wege geprägt. Mehr als alles andere.
Mit der Gründung einer Familie habe ich die Verantwortung für andere
Menschen übernommen, das bedeutete auch, dass ich nachhaltig Geld
verdienen und nicht länger abhängig vom Zeitgeist, Stipendien und
Förderungen sein durfte.
Ich habe also eine Ausbildung zum Buchhändler gemacht, später noch studiert und konnte so meinen Weg gehen.
In der Buchbranche kennt man Dich als Vertriebs- und
Marketingleiter der Verlagsgruppe Oetinger. Von außen betrachtet ist das eine
verantwortungsvolle Tätigkeit, die mit der eines Autors aber nichts
gemeinsam hat. Ist das Schreiben für Dich ein Ausgleich zu Deinem
Berufsleben?
Nein, ich glaube nicht an solcherlei „Balancen“ – Work-Life-Schreiben
durchdringen einander, sind Facetten… Und auch im Schreiben hat man
natürlich - zumindest, wenn man veröffentlicht – eine Verantwortung.
Kreativ und abwechslungsreich sind beide Bereiche.
Das poetische Denken (oder Schreiben) ist für mich kein Ausgleich, es
ist einfach (wieder) ein Teil meines Lebens, ein unmittelbarer
Hallraum, eine Art des Denkens, des sich Versicherns, des Verstehens. Es
ist einfach da.
Deine auf Deutsch geschriebenen Gedichte wurden von Angelica Ammar
und Javier Salinas ins Spanische übersetzt. Wie ist die Zusammenarbeit
mit den beiden entstanden?
Durch schlafwandlerisches Glück. Ich habe mir über unser Lektorat
gute Übersetzer nennen lassen… und die beiden Namen sind gefallen. Mir
gefiel der Ansatz zwei Übersetzer zu haben, von denen die eine Deutsche
ist, die in Spanien lebt, und der andere spanischer
Muttersprachler ist, der wunderbar Deutsch spricht. Die beiden sind
miteinander befreundet und es gewohnt, sich über Sprache auszutauschen,
sich anzunähern, das „richtige“ Wort zu finden.
Glücklicherweise hatten beide ein kleines Zeitfenster und konnten
fast umgehend loslegen. In der Folge haben wir uns dann – über die
intensive Arbeit an den Texten und dem Ringen um einzelne Wörter –
immer besser kennengelernt und sind uns in der Zwischenzeit
auch persönlich begegnet. Wir mögen und schätzen einander sehr. Gerade
bin ich wieder auf dem Weg auf die Insel, um die beiden dort für eine
gemeinsame Lesung in Palma zu treffen, das wird herrlich!
Ich habe die Zusammenarbeit mit beiden als unglaubliche Bereicherung
empfunden und wusste meine Texte in den besten Händen. Behutsam und
selbstbewusst wurden diese ins Spanische übertragen und finden dort nun
Dank der Sensibilität und des Könnens der beiden
zahlreiche LeserInnen.
Hast Du geplant, weitere Bücher zu veröffentlichen?
Ja. Jede Veröffentlichung birgt Türen in großartige Begegnungs- und
Erlebnisräume. Und da die letzten Jahre nun sehr produktiv und meine
Erfahrungen mit BoD sehr erfreulich waren, kann ich mir das sehr gut
vorstellen… und habe schon
erste Ideen.
Die Hamburger Künstlerin Birte Thurow hat für "Du bist eine Insel"
fünf farbgewaltige Illustrationen geschaffen. Kannst Du Dir auch für
künftige Titel eine Zusammenarbeit mit ihr vorstellen?
Jederzeit – auch das war ein großes Glück. Ich kannte Birte aus dem
beruflichen Kontext und mag ihre Kunst und vor allem ihre intuitive,
unkonventionelle und sehr kreative Herangehensweise. Daher hatte ich
sie gebeten, ein Cover für den Band zu entwerfen
und ihr die Texte geschickt sowie ein Moodboard mit Bildern und Farben
erstellt.
Wenig später kam Birte dann statt mit einem mit über 10 Kunstwerken
um die Ecke, die mich alle total begeistert und meinen Texten eine
zusätzliche Ebene verliehen haben.
Sie ergänzen und verstärken die Gedichte auf eine so
einzigartige und wundervolle Art und Weise, dass wir uns schnell entschieden haben,
gleich mehrere der Kunstwerke mit ins Buch aufzunehmen. Diese illustrieren, interpretieren und gliedern nun die Texte
- und sind ein ästhetischer Genuss.
Wer sich in Deine Gedichte vertieft hat, weiß, dass Du darin die
Schönheit mehrerer Orte auf Mallorca beschreibst. Hand aufs Herz: Wo
bist Du dort am liebsten und warum?
In der Tramuntana, einen Steinwurf unterhalb von Biniaraix. Weil dort Julias Feigenbaum steht…
Lieber Thilo, ich bedanke mich herzlich für dieses Interview.
Thilo Schmid hat meine Fragen am 16. August 2023 beantwortet. Die Lesung in Palma hat am 18. August 2023 stattgefunden und war ein voller Erfolg.
Fotos aus Mallorca
Ich zeige Euch hier einige Fotos, die mir der Autor freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Stimmungen und Eindrücke auf Mallorca wie diese haben ihn zu seinen Gedichten inspiriert:
Sonnenuntergang in der Serra Tramuntara |
Abendstimmung in Biniaraix |
Einige Impressionen von der Lesung in der Buchhandlung Casa del Libro in Palma:
Schönste Insel trifft es;)
AntwortenLöschenDa sind wir uns einig :-)
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