Am Ostermontag verstarb Papst Franziskus, am 7. Mai
2025 wird das Konklave für seinen Nachfolger beginnen. 133 von 135 wahlberechtigten Kardinälen werden im Vatikan abgeschirmt vor den Augen der Welt aus ihren Reihen einen neuen Papst wählen. Stimmberechtigt sind nur unter 80-jährige Kardinäle, die sich für die Wahl in der Sixtinischen Kapelle versammeln. Sobald der Zeremonienmeister die Aufforderung "Extra omnes" ("Alle hinaus") ausspricht, müssen alle Nicht-Wähler den Raum verlassen.
Nach jedem Wahlgang werden die Stimmzettel verbrannt: Steigt schwarzer Rauch aus dem eigens zu diesem Anlass montierten Schornstein der Sixtinischen Kapelle auf, ist keine Entscheidung gefallen. Ist jedoch weißer Rauch zu sehen, haben sich zwei Drittel der Wähler für einen Kandidaten entschieden, der anschließend der neue Papst sein wird. Was während des Konklaves passiert, unterliegt strengster Geheimhaltung. Verstößt ein Kardinal gegen dieses Gebot, droht ihm die Exkommunikation.
Diese Regeln werden durch weitere ergänzt, die keineswegs immer gleich waren. Die Anfänge der Papstwahlen, deren Verläufe, die politischen Hintergründe sowie die sich verändernde Rolle der Päpste schildert der Vatikanexperte Stefan von Kempis in seinem neuesten Buch Weißer Rauch und falsche Mönche - Eine andere Geschichte der Papstwahl.
Bei der Papstwahl ging es oft wenig zimperlich zu. Ab dem 3. Jahrhundert kommt es immer wieder zur Wahl von Päpsten und Gegenpäpsten, eine 'Tradition', die sich bis ins 15. Jahrhundert fortsetzte.
Wer sich eine Papstwahl als ehrenwerte Veranstaltung vorstellt, aus der nur der geeignetste Kardinal als Papst hervorgeht, weiß nach der Lektüre dieses Buches mehr: Im 6. bis 8. Jahrhundert wird Papst, "wer politischen Rückhalt genießt, wer Milizen hinter sich hat, die ihm auf den Straßen Roms Respekt verschaffen, oder wer über genügend Geld verfügt, um sich Stimmen zusammenzukaufen". Damals war das Amt stark politisch geprägt. Kein Wunder, dass da viele Leute außerhalb der Kirche ihre Finger im Spiel hatten. Auch das wiederholt sich bis in das 14. Jahrhundert hinein.
Gustav Piffl war Erzbischof von Wien und nahm 1914 und 1922 an den Konklaven teil. Nach seinem Tod 1932 wurden seine Tagebücher gegen seinen ausdrücklichen Wunsch 1963 in einer belgischen Tageszeitung abgedruckt. Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass hinter den Kulissen mit Methoden um das Papstamt gekämpft wurde, die sich mit dem christlichen Wertekanon eher nicht in Einklang bringen lassen.
Stefan von Kempis rollt das Papstamt von Beginn an vor seinen Leserinnen und Lesern aus. Er stellt zum Beispiel die berechtigte Frage, warum ausgerechnet der wankelmütige und unzuverlässige Apostel Petrus für die katholische Christenheit der Ausgangspunkt für das Papstamt ist, das seinetwegen auch als Petrusamt bezeichnet wird. Petrus gründete zwar die erste christliche Gemeinde in Jerusalem, aber er war nun mal auch derjenige, der Jesus drei Mal verleugnete.
Auch die Frage, warum ausgerechnet Rom der Mittelpunkt der katholischen Kirche wurde, wird von dem bei Vatican News tätigen Journalisten beantwortet.
Interessant ist auch, dass Wahlmodi, um die heute immer wieder kontrovers diskutiert wird, zu Zeiten der ersten Päpste selbstverständlich praktiziert wurden. Das trifft insbesondere auf die ersten Jahrhunderte der Papstwahlen zu, in denen Laien an der Wahl beteiligt waren. Am deutlichsten geht das aus der Kirchenordnung Traditio Apostolica aus dem beginnenden 3. Jahrhundert hervor, die vorschreibt, dass der Bischof von Rom vom ganzen Volk gewählt wird.
Stefan von Kempis hat bis ins 16. Jahrhundert hinein achtzehn unterschiedliche Arten der Papstwahl gezählt.
Lesen?
In Weißer Rauch und falsche Mönche - Eine andere Geschichte der Papstwahl erzählt Stefan von Kempis in einem unterhaltsamen Plauderton die Geschichte des Papsttums, sodass das Buch trotz der manchmal verwirrenden Namensvielfalt immer interessant ist. Er schreckt auch nicht vor der Schilderung von unappetitlichen Ereignissen wie beispielsweise der sog. Leichensynode von 897 zurück: Um die Entscheidungen von Papst Formosus rückgängig zu machen, wird dessen Leichnam exhumiert und zum Zentrum einer schaurigen Inszenierung gemacht. Römische Kleriker und Bischöfe erklären den Toten für von vornherein unwürdig, das Papstamt zu bekleiden, und untermalen dies mit symbolischen Handlungen. An dieser Stelle wird der Vorgang so unappetitlich, dass ich auf die Fortsetzung der Schilderung verzichte.
Und was hat es mit den falschen Mönchen auf sich, von denen im Untertitel des Buches die Rede ist? Sie streifen 1559 während des mit 113 Tagen längsten Konklaves des 16. Jahrhunderts durch Roms Straßen und stiften mit dem Predigen von protestantischen Inhalten Verwirrung und Unruhe. Sie gab es tatsächlich.
Papst Pius IX., dem der Kirchenstaat verloren gegangen war, sorgte sich um die Zukunft des Papsttums und erließ eine große Zahl von angstbesetzten Konklave-Verordnungen. Er hielt es für möglich, dass sich Anhänger des Revolutionärs Garibaldi als Mönche verkleidet ins Konklave schmuggeln und dort Unruhe verbreiten könnten. Sie sind die eingebildeten falschen Mönche.
Einige Kardinäle, die an der kommenden Papstwahl teilnehmen werden, geben der Presse bereits ihre Einschätzung zur wahrscheinlichen Dauer des Konklave. Wie die Geschichte zeigt, kann das jedoch eine sehr schnelle, aber auch zähe Angelegenheit werden: Zwischen drei Stunden (1503) und 1005 Tagen (ab November 1268) war bisher alles möglich.
Weißer Rauch und falsche Mönche - Eine andere Geschichte der Papstwahl ist 2025 im Herder Verlag erschienen und kostet als gebundene Ausgabe 25 Euro sowie als E-Book 19,99 Euro.