Freitag, 20. Januar 2023

# 378 - Das Leben einer Kriegsreporterin in einem Roman

In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. hat die Schriftstellerin und Kriegsreporterin Gabriele Riedle ihr Buch genannt. Und damit keine Missverständnisse aufkommen, über das, was die Leserinnen und Leser erwarten können, lautet der Untertitel: Eine Art Abenteuerroman.

Diese sehr vage Bezeichnung trifft es genau: Dieses Buch ist kein Roman im üblichen Sinne, weil es sich bei seinem Inhalt kaum um Fiktion handelt. Gabriele Riedle hat ihre namenlose Ich-Erzählerin in die Rolle einer Kriegsreporterin schlüpfen lassen und lässt diese schildern, was ihr Berufsleben prägt.

Der rote Faden ist der Tod ihres britischen Kollegen Tim Hetherington, der 2011 im libyschen Misrata von einer Granate getötet wurde. Die Trauer um ihn ist deutlich zu spüren, Riedle hatte mit ihm für eine "Geo"-Reportage in Liberia zusammengearbeitet. Von Hetheringtons Tod hat die Erzählerin an einem sonnigen Apriltag 2011 im Radio erfahren, die nächste Meldung war die über das Wetter. Zu ihm kehren die Ausführungen immer wieder zurück.

Gabriele Riedle hat einen sehr besonderen Erzählstil gewählt. Die Gedanken mäandern oft von einem Thema zum nächsten, oft passen auf eine Buchseite nur zwei Sätze. Sie beschreibt das Leben von Kriegsberichterstattern und -fotografen auf eine Weise, auf die vor allem ein Attribut passt: atemlos.

Da ist der Chefredakteur eines Nachrichtenmagazins, der die Reporter in ein Krisengebiet schickt und sich von ihnen wünscht, sie mögen an die Leser denken. Was er damit meint? Unklar. Manchmal ist das auch egal, weil der Chefredakteurssessel bedenklich wackelt, wenn die Auflage sinkt. Und dann "rief auch der Neue uns hinterher, wir sollten einfach immer nur sagen, was ist, und natürlich sollten wir dabei an die Leser denken."

In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. ist ein Blick hinter die Reportagen. Wir erahnen, was sich in Redaktionen abspielt, und erfahren, wie es ist, ständig unter Lebensgefahr von dem zu berichten, was die Auftraggeber in Hamburg, Manhattan oder sonstwo erwarten. Wir erfahren auch, dass die Welt der Kriegsberichterstattung von Männern dominiert wird, dass es hier Besonnene und Wichtigtuer gibt und Janusköpfigkeit sowohl in den fernen Krisengebieten Afghanistans oder Liberias als auch in den westlichen Chefredaktionen existiert.

Lesen?

In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. ist ein sehr schnelles und teilweise hektisches Buch. Bei all dem, was inhaltlich vermittelt wird, wird jedoch deutlich, dass Gabriele Riedle offenbar nichts mehr erschüttern kann. Sie schreibt beispielsweise mit Ironie über die Chefredaktionen, mit Belustigung über die Taliban, die sich in ihren eigenen strengen Vorschriften verheddern, doch auf alles fällt eine gute Portion Zynismus. Die größten Schwierigkeiten hatte ich jedoch mit ihrem Schreibstil, mit dem ich am besten durch oberflächliches, schnelles Lesen umgehen konnte. Als ich das Buch zur Seite gelegt habe, zeigte mir der E-Book-Reader an, dass ich 80 Prozent geschafft hatte. Auf das letzte Fünftel habe ich verzichtet.

In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. ist 2022 in der Buchreihe "Die andere Bibliothek" im Aufbau Verlag erschienen und kostet 24 Euro, als E-Book 16,99 Euro. Es stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022.

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