Freitag, 13. Januar 2023

# 377 - In 80 Büchern um die Welt?

Vermutlich soll der Buchtitel In 80 Büchern um die Welt auf Jule Vernes Werk In 80 Tagen um die Welt anspielen. Doch während Phileas Fogg sein Ziel, einmal um die Welt zu reisen, tatsächlich haarscharf nach 80 Tagen erreichte, verfehlt dieses Buch das gesetzte Ziel knapp: In 78 kurzen zwei- bis sechsseitigen Texten stellen 55 literarische Fachfrauen und -männer Bücher der Weltliteratur vor, die sich mit dem Reisen über kurze oder sehr lange Distanzen beschäftigen.

Es geht allerdings nicht nur um Reisen, die zum Spaß gemacht werden. Das vom britischen Literaturprofessor John Sutherland herausgegebene Buch greift auch Werke auf, in denen es um Migration, Flucht und höchste Not geht. In 80 Büchern um die Welt ist in vier Abschnitte aufgeteilt, die die Beiträge chronologisch sortieren. Es beginnt mit der Vorstellung von Homers Odyssee (725-675 v. Chr.), setzt sich fort mit Laura in der Prärie von Laura Ingalls Wilder (1935) oder John Steinbecks Früchte des Zorns (1939), beschreibt Lolita von Vladimir Nabokov (1955) und endet im letzten Kapitel mit Lincoln Highway von Amor Towles (2021).

Warum gerade diese 55 Titel ausgewählt wurden, bleibt etwas im Dunklen. Zwar erläutert der Lektor John McMurtrie in der Einleitung, welche "drei Kriterien maßgeblich" gewesen seien - "Erstens muss es sich um ein literarisches Werk handeln [...]; zweitens sollte jedes Buch eine Reise enthalten, die zu realen und nicht imaginären Orten führt [...]" -, das dritte Kriterium bleibt er jedoch schuldig. 
Trotzdem ist die Auswahl eine gute Mischung aus Bekanntem und (fast) Unbekanntem, sodass die kurzen Texte zum Lesen der vollständigen Romane einladen.

Ein Highlight sind die zahlreichen Illustrationen: Fotos, historische Karten oder Zeichnungen geben einen guten Eindruck davon, in welchem zeitlichen Kontext die jeweiligen Bücher erschienen sind.

Lesen?

In 80 Büchern um die Welt ist ein sehr gutes Buch zum Schmökern: Es erinnert an Romane, die man vor vielen Jahren gelesen und nur noch undeutlich in Erinnerung hat und gibt Hinweise auf Titel, die man sich noch vornehmen kann. Die Illustrationen runden den positiven Bucheindruck ab.
Sehr schade ist allerdings, dass Autorinnen deutlich unterrepräsentiert sind. Unter den sechs "Tipps zum Weiterlesen" finden sich dann leider nur noch Autoren.

Hinweis: Diese Ausgabe hat keine Ähnlichkeit mit dem gleichnamigen Buch, das 2011 im Thiele & Brandstätter Verlag veröffentlicht wurde und nur noch antiquarisch erhältlich ist.

In 80 Büchern um die Welt ist 2022 im Hirzel Verlag erschienen und kostet 29 Euro.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen