Wir kennen das alle: Da zwingt uns jemand ein Gespräch auf und wir haben keine Ahnung, wie wir möglichst elegant aus der Situation herauskommen; eine Person verhält sich uns gegenüber respektlos, aber uns fehlen die passenden Worte, mit denen wir uns wirkungsvoll abgrenzen können, ohne dass die Situation eskaliert; wir möchten, dass die Abläufe im Job gut funktionieren, was dazu führt, dass uns auch Arbeiten zugeschoben werden, die nicht zu unserem Aufgabenbereich gehören.
Karin Kuschik ist Coach und hat selbst oder über ihre Kunden zahlreiche Situationen erlebt, die so oder so ähnlich waren. Ihre 50 Sätze, die das Leben leichter machen sind vielfältig anwendbar und können variiert werden. Es gibt einige davon, die ich mir im Hinterkopf zurechtlegen und bei Bedarf anwenden werde. Ein Beispiel: Karin Kuschik beschreibt eine Verabredung mit einer Kollegin. Die Aufgaben müssen erledigt werden, deshalb wird vorab "open end" vereinbart. Doch während die beiden Frauen zusammensitzen, brummt ständig das Smartphone der Kollegin: Der Freund erwartet sie zum Abendessen, doch sie drückt seine Anrufe weg. Die Kollegin empfindet die ständigen kurzen Unterbrechungen nicht als störend, aber Kuschik tut es.
Haltet kurz inne. Kennen wir das nicht? Wir ärgern uns über das Verhalten anderer Menschen, weil z. B. Absprachen nicht eingehalten werden. Wie oft haben wir die Situation trotz des Ärgers hingenommen, um die gute Atmosphäre nicht zu gefährden? Dieselbe Atmosphäre, die ja für uns gar nicht mehr gut ist. Wir haben es oft getan, weil es für unser Gegenüber Gründe gegeben haben mag, sich nicht an unsere Absprache zu halten. Gründe, die aber nicht vorher besprochen wurden. Ich habe beim Lesen dieser Szene unwillkürlich genickt.
Karin Kuschiks Satz für eine Situation wie diese: "Ich verstehe dich absolut, und es gefällt mir nicht." An die Stelle, an der wir wahrscheinlich "aber" gesagt hätten, stellt die Autorin das "und". "Aber" beinhaltet Ablehnung und signalisiert, die Haltung der oder des Anderen nicht zu akzeptieren. Aber Kuschik erklärt die Wirkungsweise eines "und" so:
Und beendet tatsächlich Auseinandersetzungen, denn es bewertet die Botschaften, die links und rechts stehen, nicht. Beide Seiten sind gleichwertig. Und macht Aussagen nicht kaputt, es bewahrt sie und drückt auch immer eine Haltung aus.
Klar in der Aussage zu sein und eine Haltung auszudrücken zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch. Das fällt nicht immer leicht, doch im Kern gebe ich Karin Kuschik recht.
Lesen?
50 Sätze, die das Leben leichter machen gibt wertvolle Ansätze, sich lange eingeübte Reflexe abzugewöhnen und das häufig manipulative Verhalten seiner Mitmenschen zu erkennen sowie darauf souverän und angemessen zu reagieren. Man merkt den Beispielen allerdings an, dass sich Karin Kuschik in sozialen Kreisen bewegt, die vielen von uns verschlossen sind. Nicht jeder ihrer Sätze eignet sich für Alltagssituationen der Durchschnittsbürgerinnen und -bürger. Auch hier ein Beispiel: Da schreit Sie jemand an, und anstatt aus einem Impuls heraus auf den vermeintlichen Angriff zu reagieren, entscheiden Sie jetzt, die Sache lieber umzudeuten, was dann als innerer Monolog vielleicht so klingt: Aha. Interessantes Angebot. Will ich darauf eingehen? Nö, gerade lieber nicht. Ist mir viel zu anstrengend. Und dann nach außen, mit einem Lächeln: "Na dann, gute Besserung!" Ich habe mir beim Lesen des Buches hin und wieder neben einige Passagen etwas notiert. Neben dieser stand: "Prima, um ein paar in die Fr... zu kriegen."
50 Sätze, die das Leben leichter machen ist 2022 als Taschenbuch im Rowohlt-Verlag erschienen und kostet 15 Euro. Die gebundene Ausgabe ist aus dem Jahr 2023 und kostet 25 Euro, das E-Book 9,99 Euro.

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