Samstag, 11. Dezember 2021

# 319 - Über Sprachen aus der ganzen Welt

Die Literaturwissenschaftlerin Rita Mielke hat in ihrem
neuen Buch Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen 42 Geschichten gesammelt, in denen es um die Verständigung in fremden Sprachen geht.

Mielke nimmt ihre Leserinnen und Leser nicht nur auf eine Sprachreise mit, die rund um den Globus führt; sie macht deutlich, dass die Geschichte der Menschheit nicht zuletzt auch eine der Sprachbegegnungen ist - beeinflusst von den Menschen, die mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen aufeinander getroffen sind. Da geht es zum Beispiel um baskische Walfänger, die es nach Island verschlägt, oder einen Deutschen, der auf mongolische Nomaden trifft. Diese Art, auf die Entwicklung der menschlichen Sprache zu schauen, ist bislang einzigartig.

Die am längsten zurückliegende Geschichte stammt aus der Zeit Karls des Großen (768 bis 814), die aktuellste von Autoren wie zum Beispiel Galsan Tschinag (geb. 1944). Jede ist für sich sehr besonders und zeigt, wie sich der Umgang mit Sprache verändert hat. Mielke schildert die Ignoranz, die insbesondere europäische Kolonialmächte den Sprachen der Bewohnerinnen und Bewohnern der von ihnen okkupierten Länder entgegenbrachten: Die europäischen Sprachen wurden zwar von den Besetzern als die höherwertigeren angesehen, dennoch war es für sie ärgerlich, sich damit nicht vor Ort verständigen zu können. So kam es zur Bildung von zahlreichen Mischsprachen, die Elemente aus beiden Ursprungssprachen übernahmen. 

Diese sprachliche "Einwanderung" kennen wir aus unserem eigenem Alltag, die Herkunft vieler Begriffe ist uns allerdings oft nicht bewusst. So stammt beispielsweise das arabische Wort biira vom deutschen Bier und das deutsche Wort Beduine vom arabischen badawī. Mielke macht deutlich, dass in der Vielzahl der gesprochenen Sprachen ebenso viele unterschiedliche Weltsichten verborgen sind. Sehr treffend zitiert sie den österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein: "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt."

Jedes Kapitel  schließt mit einer kurzen Übersicht über die dort beschriebene Sprache. Hier erfährt man u. a., welche Sprachen sich um ihr Aussterben keine Sorgen machen müssen (z. B. Arabisch, Chinesisch, Mongolisch)  und welche nicht mehr oder kaum noch gesprochen werden (z. B. Arabana, Yámana, Navajo).

Rita Mielke schreibt auch über Themen, die das Buch weiter inhaltlich aufwerten. Was als das älteste Gewerbe der  Welt gilt, dürfte jeder wissen. Aber welches ist das zweitälteste? Auskunft gibt ein Relief, das im Grab des Pharaos Haremhab gefunden wurde, das aus dem Jahr 1330 v. Chr. stammt und einen Dolmetscher zeigt. Mielke beschreibt die Aufgaben und Anforderungen der Dragoman, die sich deutlich von denen der heutigen Dolmetscher unterschieden.

Lesen?

Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen ist ein Buch, in dem Rita Mielke Sprach-Geschichte(n) sehr spannend erzählt. Wer sich für Sprachen interessiert, dem wird dieses Buch sicher gefallen. Die sehr schönen Illustrationen von Hanna Zeckau runden den Titel ab.

Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen ist 2021 im Duden Verlag erschienen und kostet 28 Euro.

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