Freitag, 11. März 2022

# 339 - Die Wiederentdeckung eines einst bekannten spanischen Reporters

Manuel Chaves Nogales war in den 1920-er, 1930-er und 1940-er Jahren einer der bekanntesten und herausragendsten spanischen Journalisten. Er wurde 1897 in Sevilla geboren und starb 1944 im Exil in London. Rückblickend kann man sagen, dass er zu den ersten narrativen Journalisten gehörte.

Chaves Nogales war ein liberal denkender Mensch, der aufgrund seiner Haltung Feinde sowohl im kommunistischen als auch faschistischem Lager hatte: Die seit 1931 existierende Zweite Spanische Republik wurden von diesen beiden politischen Strömungen scharf attackiert. Ihr Ende wurde 1936 durch einen Staatsstreich gegen die linke demokratisch gewählte Regierung eingeläutet, der von einem rechtsgerichteten General angeführt worden war und später in den Spanischen Bürgerkrieg mündete.

Für die 1930 in Madrid gegründete Zeitung Ahora arbeitete Chaves Nogales ab 1931 als Direktor und berichtete in seinen Vor-Ort-Reportagen aus der ganzen Welt. Seine Texte telegrafierte er Wort für Wort nach Spanien. Auch für damalige Verhältnisse waren die Artikel sehr ausführlich, für heutige ohnehin. Als die Regierung Madrid verließ, ging Chaves Nogales ins Exil nach Paris, das er wenige Jahre später verließ, als sich die deutschen Truppen auf die französische Hauptstadt zu bewegten. London wurde für seine letzten Lebensjahre Chaves Nogales' Heimat.

Mit dem Ende von Ahora 1939 verschwand Manuel Chaves Nogales in der Wahrnehmung der spanischen Bevölkerung. Eine liberale Presse existierte in Spanien nicht mehr. Die Leserschaft der Ahora hatte keinen Zugriff auf seine Reportagen, die nun in Zeitungen und Zeitschriften außerhalb Spaniens abgedruckt wurden. So wurde der Journalist im Laufe der Zeit vergessen. Erst eine Forschungsarbeit der Professorin María Isabel Cintas Guillén führte dazu, dass man sich in Spanien nicht nur mit der Person des Journalisten Manuel Chaves Nogales, sondern auch mit seinen Reportagen beschäftigte, um Teile der spanischen Geschichte, insbesondere die Zeit des Franco-Regimes, aufzuarbeiten.

Das Buch Ifni - Spaniens letztes koloniale Abenteuer beschäftigt sich mit einer Reise von Manuel Chaves Nogales im Jahr 1934. Der Journalist begleitete eine kleine spanische Expeditionsgruppe in die marokkanische Enklave Ifni, die den Auftrag hatte, dort die spanische Kolonialisierung zu realisieren. Vor Ort ging er einem Gerücht nach, das mit einem Trauma des spanischen Militärs zusammenhängt, dem "Desaster von Annual". In Spanien wurde damals immer wieder kolportiert, dass dort noch 300 spanische Soldaten von Berbern gefangen gehalten werden. Chaves Nogales entlarvte dieses Gerücht als "politisches Spiel mit der Leichtgläubigkeit", wie es der Übersetzer und Verleger Frank Henseleit in seiner ausführlichen Einführung beschreibt.

Ifni - Spaniens letztes koloniale Abenteuer enthält drei Reportagen des einst bekannten Journalisten: Neben dem über die Gefangenen berichtet der Spanier über die Kolonisierung von Ifni sowie über seine Bruchlandung auf dem Weg dorthin. Alle Artikel wurden aus den jeweiligen Original-Zeitungsartikeln von Henseleit übersetzt und mit dem Zeitungskopf der Ahora ausgestattet. Der erste Artikel stammt vom 10. Januar 1934 und kann hier im Original nachgelesen werden.

Manuel Chaves Nogales tat das, was wir uns auch heute von Journalisten wünschen: Er ging auf Menschen zu, war mittendrin im Geschehen, stellte kritische Fragen und nahm seine Leserschaft mit - in fremde Länder ebenso wie in seine Gedanken. Das alles fasste er in verständliche Worte und ausführliche Artikel, die umfassend informierten.

Lesen?

Ifni - Spaniens letztes koloniale Abenteuer verdient unbedingt eine Leseempfehlung. Alles, was Leserinnen und Leser für das geschichtliche Verständnis benötigen, um Chaves Nogales' Artikel zu verstehen, steht in Frank Henseleits Einführung. 

Das Buch ist 2021 im Kupido Verlag erschienen und kostet 24,80 €. Unter dem Verlagslink findet ihr einen Buch-Teaser mit weiteren interessanten Informationen über Manuel Chaves Nogales. Der Verlag beginnt mit dieser Veröffentlichung eine Reihe über die Werke des spanischen Journalisten.

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