Plattdeutsch, Plattdüütsch oder kurz 'Platt' kenne ich
aus meiner Kindheit. Meine Eltern sprachen mit ihren Eltern und Geschwistern sowie den Menschen aus ihrem Heimatort im Weserbergland immer Platt. An uns Kinder wurde das nicht direkt weitergegeben und hätte uns dort, wo wir aufgewachsen sind, auch nicht weitergeholfen.
Das Plattdeutsche erzeugt in mir so etwas wie ein Heimatgefühl, obwohl ich es so gut wie nicht sprechen kann; das Verstehen klappt aber meistens. Deshalb hat mich sehr interessiert, was Reinhard Goltz in seinem Buch Plattdeutsch - vom Klönen und Schnacken darüber zu sagen hat.
Goltz ist seit 20 Jahren Sprecher des Bundesrates für Niederdeutsch - wie das Plattdeutsche in wissenschaftlichen Kreisen bezeichnet wird - und hat zahlreiche Bücher auf Platt veröffentlicht. In 48 Kapiteln hat er sich dem Plattdeutschen von allen Seiten genähert: Man erfährt viel über die Grammatik, die Herkunft zahlreicher Begriffe, die unterschiedlichen Varianten des Platts in deutschen Städten oder Regionen sowie eine Menge Anekdoten über das Plattdeutsche.
Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass ich selbst Begriffe verwende, die aus dem Plattdeutschen stammen: So sage ich z. B. 'Trecker' anstatt 'Traktor' oder 'Döneken', wenn ich 'Blödsinn' meine.
Reinhard Goltz hat sich auch Beispiele für plattdeutsche Lieder angesehen: 'Dat du mien Leevsten büst' ist so etwas wie eine Hymne des Plattdeutschen. Das schreibt der Autor und ich empfinde das ebenso. Dieses Lied ist mir immer wieder begegnet, eine der schönsten Versionen ist beim Chorexperiment des NDR entstanden, das ihr hier sehen und hören könnt - mit Text.
Ganz nebenbei erfährt man beim Lesen viel über die Geschichte der Hanse, den Piraten Störtebeker (und die Bedeutung seines Namens) oder die niederdeutsche Herkunft von Familiennamen. Und noch etwas Vertrautes, aber lang Vergessenes ist mir hier wieder begegnet: Das Gedicht des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Bislang war mir nicht aufgefallen, dass darin nur die wörtliche Rede auf Platt formuliert ist, denn diese Sätze haben sich mir eingeprägt, seitdem ich das Gedicht in der Schule kennengelernt habe: "Junge, wiste 'ne Beer?" - "Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn." Der alte Herr von Ribbeck stirbt, aber auf seinem Grab wächst ein Birnbaum, und eine flüsternde Stimme fordert die Kinder auf, sich eine Birne zu nehmen.
Plattdeutsch - vom Klönen und Schnacken wird auch an anderer Stelle zu einer Reise in die Vergangenheit: Die volkstümlichen Stücke des Hamburger Ohnsorg-Theaters wurden und werden auf Platt aufgeführt und waren früher als Fernsehübertragungen ziemlich beliebt.
Goltz verweist auch auf die plattdüütschen Radiosendungen, die von norddeutschen Sendeanstalten ausgestrahlt werden. Auch da kenne ich eine noch aus meiner Kindheit: 'Hör mal 'n beten to' ist seit mehr als 60 Jahren Teil des Programms von NDR 1.
Lesen?
Auf jeden Fall, wenn man sich für Sprachen und insbesondere für Plattdüütsch interessiert!
Plattdeutsch - vom Klönen und Schnacken ist im März 2022 im Duden Verlag erschienen und kostet 12 Euro.
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