Wie schon in Mistral hat Borrély auch dieses Buch in der Haute-Provence angesiedelt - einer idyllischen Berggegend, in der sie selbst lange bis zu ihrem Tod lebte.
Das kleine Dorf Orpierre-d'Asse liegt oberhalb des Flusses Asse. Das Leben dort ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschwerlich: Die Böden sind so karg, dass die Menschen gerade so über die Runden kommen. Der Weg dorthin ist für Fuhrwerke sehr gefährlich; der Fuhrmann hat bei jeder Lieferung Angst, sein Karren könnte hinab ins Tal stürzen.
Die Sommer sind heiß und trocken, Teile des Ackerlandes werden immer wieder vom Riou-Sec weggespült. Die Dorfbewohner leiden so sehr, dass sie von den Nachbardörfern den Spitznamen "die Schmalhänse" bekommen haben.
Die Kinder erben Steine anstatt Äcker und Weinberge.
Die Alten in Orpierre-d'Asse, die keine Kraft mehr für die Feldarbeit haben, leben fast alle vom Schnorren oder geben "geliehene" Lebensmittel nicht zurück.
Nur die alte Pélagie Arnaud tut das nicht. Auch ihr Leben ist von Entbehrungen geprägt, aber sie zieht sogar noch ihre Enkelin Berthe groß, nachdem deren Mutter gestorben ist. Pélagie ist seit langer Zeit verwitwet und nutzt alles, was die Natur, die Ziege und der dürftige Anbau hergeben, um zu überleben.
Das Leben der Menschen von Orpierre-d'Asse ändert sich drastisch, als die Asse eingedeicht wird. Sie wollen das neu entstandene fruchtbare Land nutzen und ziehen nach und nach ins Tal. Es entsteht ein neues Dorf. Nur Pélagie weigert sich, ihr Haus zu verlassen. Sie misstraut trotz der Eindeichung der rauschenden Asse und befürchtet, der Fluss könnte über seine Ufer treten und alles, was sich ihm in den Weg stellt, mit sich reißen. Als ihre Enkelin heiratet und ebenfalls in das neue Dorf zieht, lebt Pélagie allein zwischen verfallenen Gebäuden und den Erinnerungen an die Toten. In ihrem Haus brennt das letzte Feuer.
Lesen?
Maria Borrély hat einen besonderen Schreibstil, der die Schlichtheit und Kargheit des dörflichen Lebens in der entlegenen Gegend der Haute-Provence greifbar macht. Die Hoffnung der Bewohnerinnen und Bewohner auf ein besseres Leben ist so plastisch beschrieben, dass Pélagies Warnungen wie die einer ewig Gestrigen wirken. Der Roman steuert langsam auf ein nicht überraschendes Ende zu und erfüllt den letzten Herzenswunsch der alten Frau. Das letzte Feuer überzeugt durch seine berührende Schlichtheit.
Das Dorf Orpierre-d'Asse gibt es unter einem anderen Namen: In Bras d'Asse wurden Steindeiche gebaut, um die Bedrohung durch die Asse zu besiegen. 1913 wurde das alte Dorf vollständig aufgegeben. Zwanzig Familien gründeten 1979 eine private Initiative mit dem Zweck, das Vieux Bras d'Asse wieder aufzubauen. Vom heutigen Bras d'Asse führt ein Wanderweg hinauf ins alte Dorf.
(Quellen: Agence de Développement des Alpes de Haute Provence und Randomania.fr)
Das letzte Feuer ist 2024 im Kanon Verlag erschienen und kostet als gebundene Ausgabe 20 Euro sowie als E-Book 17,99 Euro. Der Roman wurde übersetzt von Amelie Thoma.
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