Freitag, 14. August 2020

# 253 - Wenn die Panik das Denken blockiert

Der bereits 2010 erschienene Roman Panik von Jason Starr spielt im New Yorker Viertel Forest Hills Gardens. Wer hier ein Eigenheim besitzt, kann von sich sagen, es wirtschaftlich geschafft zu haben.

Das trifft auch auf den niedergelassenen Psychologen Adam Bloom zu, der mit seiner Frau Dana und seiner Tochter Marissa, einer verwöhnten und ichbezogenen Zicke von Anfang 20, hier in einem von seinen Eltern geerbten Haus wohnt. Adams und Danas Ehe steht immer wieder auf der Kippe, Marissa hat noch keine Ahnung, was sie mit ihrem College-Abschluss anfangen soll. Die Stimmung in der Familie ist durchaus ausbaufähig.

Eines Nachts bemerkt Marissa, dass jemand im Haus herumschleicht. Adam - ganz der große Beschützer - kramt seine Pistole aus dem Schrank und schießt in Panik so lange auf die Silhouette eines Mannes, der gerade die Treppe heraufkommt, bis das Magazin leer ist. Eine zweite Person kann unerkannt entkommen. Der tote Einbrecher ist der einschlägig vorbestrafte Carlos Sanchez. Auffällig ist, dass die Täter ins Haus gelangen konnten, ohne Gewalt anwenden zu müssen: Es gibt an den beiden Außentüren keine Einbruchspuren und die Alarmanlage ist nicht scharf gestellt worden. Ist es möglich, dass ihnen jemand den Code verraten hat? Und wer käme dafür infrage?

Adam, der auf die positive Bestätigung seiner Mitmenschen angewiesen ist, ist sich sicher, mit dem Erschießen von Sanchez das Richtige getan zu haben. Dass weder seine Frau und seine Tochter noch die Presse und das Fernsehen diese Einschätzung vorbehaltlos teilen, nagt an seinem Ego. In den Medien wird er vereinzelt sogar als schießwütiger Revolverheld bezeichnet, was ihn beruflich und sozial in Schwierigkeiten bringt.

Plötzlich gerät die langjährige Haushaltshilfe Gabriela in den Fokus der Ermittlungen: Sie wird von einem Unbekannten in ihrer Wohnung erschossen und die Blooms erfahren Dinge über sie, die auf ein Doppelleben schließen lassen. War sie es, die mit Sanchez den Einbruch verübt hat?

Doch der Leser weiß mehr als die Familie Bloom und die New Yorker Polizei. Sanchez hat die Tat gemeinsam mit seinem Kumpel Johnny Long verübt. Die beiden kennen sich aus der gemeinsamen Zeit im Kinderheim, wo Sanchez Long immer wieder vor den anderen Jungs beschützt hat. Long ist ein Narzisst mit einem überbordenden Ego, der sich zu den ewig Benachteiligten zählt. Er hält sich mit dem Ausrauben von Frauen über Wasser, die er dank seines guten Aussehens vorher in einer Bar oder einem Club abgeschleppt hat. 

Durch die Medien weiß Long, dass die Blooms eine Tochter haben. In ihm reift ein Plan, wie er gleichzeitig den Tod seines Kumpels rächen und an das große Geld kommen kann. Skrupel sind ihm selbstverständlich fremd. Auf perfide Weise und mithilfe des Internets geht er Schritt für Schritt vor, um von der Familie ins Herz geschlossen zu werden - besonders von Marissa. Doch es gibt da ein vierbeiniges Problem, das Long nicht einkalkuliert hat.

Lesen?

Panik ist ein Buch, das nach dem Einstieg, der seinen Höhepunkt in Sanchez' Tod findet, zunächst einen Gang zurück schaltet, um dann wieder Fahrt aufzunehmen. Das Finale ist nicht vorhersehbar, sodass die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt. Befremdlich ist hingegen Marissas emotionale Kälte insbesondere am Ende; hier fehlt es etwas an der Glaubwürdigkeit. Das ist aber kein Grund, das Buch nicht zu empfehlen.

Panik ist im Diogenes Verlag erschienen und als Taschenbuch für 11,90 Euro sowie als E-Book für 9,99 Euro erhältlich.

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