So ist es auch bei der 17-jährigen Victoria Roubideaux. Sie ist schwanger von einem jungen Mann, den sie kaum kennt, woraufhin sie von ihrer emotional verarmten Mutter kurzerhand von zu Hause ausgesperrt wird. Victoria bittet ihre Lehrerin Maggie Jones um Hilfe, die die junge Frau bei sich aufnimmt. Doch Maggies schwer dementer Vater, der ebenfalls im Haus lebt, fühlt sich von Victorias Anwesenheit bedroht. Da hat Maggie die Idee, die Schwangere bei den Brüdern McPheron unterzubringen: Die beiden älteren Farmer leben mehrere Meilen außerhalb von Holt, hatten in ihren Leben noch nie eine Frau auf dem Hof und sind bislang vollauf mit sich und ihren Tieren beschäftigt gewesen. Ihr Benehmen ist etwas ungehobelt, sie sind jedoch im Grunde gutmütig.
Maggies Bitte löst bei ihnen nur ein kurzes Nachdenken aus, doch dann sind sie bereit, Victoria bei sich aufzunehmen. Die drei so unterschiedlichen Menschen haben zunächst etwas Mühe, sich aneinander zu gewöhnen, doch die Brüder beschützen Victoria vor allem, was sie für die junge Frau für schädlich halten und unterstützen sie so gut sie können. Victoria und die McPherons werden nach und nach zu einer Familie.
Maggie wird im Verlauf der Handlung immer wieder als gute Seele des Buches auftreten und die Dinge in die richtige Richtung lenken.
Parallel dazu wird die Geschichte des Lehrers Tom Guthrie erzählt. Der Vater von zwei neun- bzw. zehnjährigen Jungen ist mit der schwer depressiven Ella verheiratet, die die Tage in ihrem verdunkelten Zimmer verbringt und insbesondere von den beiden Söhnen nur noch wie ein Geist wahrgenommen wird. Ella verlässt ihre Familie und zieht zu ihrer Schwester, Tom muss den Alltag als alleinerziehender berufstätiger Vater organisieren. Das klappt nicht immer. Ihn belasten außerdem die Drohungen der Eltern eines renitenten Schülers, die die Vorwürfe gegen ihren gewalttätigen Sohn für erfunden halten. Dieser wiederum lässt seine Wut gegen Tom an dessen Söhnen Ike und Bobby aus. Die beiden leiden zusätzlich unter dem Fehlen ihrer Mutter und werden unmittelbar mit dem Tod konfrontiert, was sie überfordert: Sie finden eine alte Frau, der sie auf ihrer täglichen Zustellrunde die Tageszeitung bringen und die ihnen ihren Wohnungsschlüssel überlassen hat, leblos in ihrem Sessel.
Lesen?
Auf jeden Fall. Lied der Weite überzeugt durch seine schnörkellose und empathische Sprache, die dem Leser das Leben der Menschen und die Atmosphäre in Holt mit leisen Tönen nahebringt. Es ist ein Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte.Lied der Weite ist im Diogenes Verlag erschienen und kostet als gebundenes Buch 24 Euro, als Taschenbuch 13 Euro sowie als E-Book 10,99 Euro.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen