Freitag, 20. Mai 2022

# 348 - Finnland ist der Nabel der Welt!

Der Bestsellerautor Tuomas Kyrö gilt in seiner Heimat
als Garant für humorvolle und etwas abgedrehte Bücher. Sein Roman Kunkku ist da keine Ausnahme.

"Kunkku" bedeutet auf Deutsch "Der König", und genau der steht im Mittelpunkt des Romans: Kalle XIV. Penttinen von Finnland. Das Land im hohen Norden Europas gilt in der ganzen Welt als vorbildlich und einflussreich, in vielen Bereichen hat es die Nase vorn.

Das Problem ist nur: Der Vater des 1947 geborenen Kalle ist früh verstorben, sodass der lebenslustige Prinz viel eher als ihm lieb ist zum König gekrönt wird. Und das bedeutet: Alles, was ihm im Leben am besten gefällt - Frauen mit großen Brüsten, Autos und das Tennisspiel - findet ab sofort am besten gar nicht mehr statt. Oder so, dass der Hofmarschall die schlimmsten Ausschweifungen vertuschen kann.

Der König will im Grunde nur die schönen Seiten des Königslebens auskosten - eben die oben genannten. Ein großes Problem ist sein Charakter: Er ist zwar ein erwachsener Mann, hat aber das Gemüt eines pubertierenden 15-Jährigen. In seinem Gehirn geht es manchmal drunter und drüber, zu oft trifft er die falschen Entscheidungen.

Als er die estnische Schauspielerin Sofi kennenlernt, wendet sich zunächst alles zum Guten. Die Beziehung lässt sich gut an, doch dann merkt Sofi, dass ihr Kalles Gesellschaft zu eintönig ist. Noch bevor sie sich von ihm trennt, wird sie schwanger. Kalles starker Samen hat alle Hindernisse - aka Verhütung - überwunden. Und da das ungeborene Kind ja nicht irgendein Kind, sondern die spätere Thronfolgerin oder der Thronfolger wird, kommt nur eine Hochzeit der beiden jungen Leute infrage.

Der Roman erzählt abwechselnd das chaotische Leben des finnischen Königs und das von Pena, einem älteren finnischen Sozialhilfeempfänger, dem die Frau davongelaufen ist. Schnell wird deutlich, dass es um zwei Lebensabschnitte von ein und derselben Person geht: Die Regentschaft von Kalle XIV. Penttinen von Finnland hat ein abruptes Ende genommen. Die Naivität des Königs, sein Hang zum Fremdgehen und seine Sprunghaftigkeit haben das einst großartige finnische Königshaus zum Einsturz gebracht.

Lesen?

Kunkku ist eine humorvolle Gesellschaftssatire um einen König, dessen Leben "zufällig" Ähnlichkeit mit dem eines tatsächlich existierenden nordeuropäischen Monarchen hat, der ein Jahr früher als Kyrös fiktive Figur in einem Land westlich von Finnland zur Welt kam. Mit leichter Hand wird nebenbei die Geschichte des 20. Jahrhunderts neu geschrieben: Die Rote Armee Fraktion wird Ende der 1970-er Jahre zur stärksten Fraktion des schwedischen Parlaments und läutet den Niedergang des Landes bis zur völligen Bedeutungslosigkeit ein. 
Finnland entwickelt sich seit den 1950-er Jahren zu einem multikulturellen Staat, der mit Gegenden wie Chinatown in Kuopio oder Klein-Ghana in Vantaa Touristenströme anzieht. In der Film- und Musikbranche ist das Land international führend.
Pünktlich zur Jahrtausendwende rücken Europa und Asien näher zusammen und gründen die Euro-Asiatische Union. Die Gründungsmitglieder sind Frankreich, Deutschland, Japan, China und das vereinigte (!) Korea. Durch die enge kulturelle und wirtschaftliche Verflechtung sollen Kriege und Handelsstreitigkeiten verhindert werden. 

Und dann ist da auch noch John F. Kennedy, der für Tuomas Kyrö noch lange nicht tot ist, sondern Kalle XIV. immer wieder beratend zur Seite steht. Gute Aussichten, oder?

Kunkku ist ein Lesetipp für alle, die etwas für schrägen Humor und absurde Geschichten übrig haben. Das Buch ist 2014 bei Hoffmann & Campe erschienen und kostet 25 Euro. Mir lag die Paperback-Ausgabe aus dem Verlag Bastei Lübbe vor, die 2016 erschienen und nur noch antiquarisch zu bekommen ist.


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