Freitag, 3. Juni 2016

# 53 - Augustinermönch auf der Reise seines Lebens

Historischer Roman vor der mittelalterlichen Kulisse der Schweiz

 

Im Jahr 1247 beginnt ein Augustinermönch, dessen Name der Leser nicht erfährt, eine Studienreise, die ihn von seinem Kloster St. Maurice im schweizerischen Wallis nach Norden über die Alpen bis nach Bayern, Thüringen, Sachsen, Lübeck und Köln führt. Doch in Invocabit: Anrufung von Pierre Maurice soll es nicht um diesen Teil seines Weges gehen, sondern um den Rückweg, der unter abenteuerlichen Umständen verläuft.

Wie ein familiäres Ereignis die eigenen Pläne zum Einsturz bringt

 

Am 15. August 1250, mehr als drei Jahre nach seinem Aufbruch, erreicht den Mönch die Nachricht seines Vaters aus dem Heimatort Naters, dass seine Mutter sehr krank sei und es wohl auf das Ende zu gehe. Diese Botschaft bringt ihn dazu, seine bisherigen Pläne zu ändern und sich sofort auf den Weg nach Hause zu machen. Selbstverständlich möchte er seine Mutter noch einmal sehen und sich von ihr verabschieden. Entlang des Rheins und der Aare wandert er so schnell wie möglich in die Schweiz zurück. 
Doch als er am 3. Oktober den Lötschenpass erreicht und die Heimat nur noch zwei Tagesmärsche entfernt ist, wird der Mönch von einem viel zu frühen und sehr heftigen Wintereinbruch überrascht. Der Pass ist derart eingeschneit, dass erst am 21. November 1250 nach dem Einsetzen des Tauwetters eine Fortsetzung der Wanderung möglich ist.
Doch wegen der schlechten Verhältnisse ist das Weiterkommen auf dem kürzesten Weg nicht möglich, sodass der Mönch eine Route einschlagen muss, die ihn in einem weiten Bogen westwärts führt und ihn noch mehr Zeit kostet. 

Dieser Umweg zehrt an seinen Kräften, und er ist mehrmals dem körperlichen Zusammenbruch nah. Der Mönch kämpft sich mühsam vorwärts, doch in Avenche gerät er krank und halb verhungert in die Fänge einer Wirtin und Bordellbetreiberin, die ihm verspricht, ihn gesund zu pflegen. Doch was sich dort gegen seinen Willen abspielt, soll ihm einen Feind einbringen, der unbedingt seinen Tod will, um den einzigen Zeugen der eigenen Untaten zum Schweigen zu bringen. Jetzt steht der Mönch vor der größten und wohl auch schwersten Entscheidung seines Lebens, die auch seinem Vater und seinen Geschwistern Einiges abverlangt.

Mein Leseeindruck

 

Invocabit: Anrufung  ist ein Roman, der vor allem Lesern, die die Schweiz gut kennen, gefallen wird: Die Route des Mönches ist derart akribisch beschrieben, dass geübte Wanderer sie gut nachvollziehen können. Allen anderen wird das Verständnis für die Handlung ohne diese Ortskenntnis etwas schwer gemacht. 

Pierre Maurice hat in die Handlung einige historisch korrekt dargestellte Persönlichkeiten wie z. B. Kaiser Friedrich II. oder Nantelmus, den Abt des Klosters St. Maurice, eingeflochten, was die Geschichte sehr authentisch macht.

Das Buch hat einen stärkeren religiösen Anstrich, als es für seine Plausibilität nötig wäre: Immer wieder werden Psalmen sowohl in der deutschen (gemäß der Luther-Bibel 1984) als auch der lateinischen Fassung (Biblia Sacra Vulgata) vollständig zitiert, wenn sich der Mönch in einer psychisch schwierigen Situation befindet. Das wirkt sich hemmend auf den Lesefluss aus und trägt dazu bei, hin und wieder den "Faden" zu verlieren. Auch Äußerungen, die von Französisch sprechenden Personen stammen, werden immer zweisprachig auf Deutsch und Französich wiedergegeben.

Der Text wird durch Schwarz-Weiß-Fotos aufgelockert, die vom Autor selbst stammen und überwiegend Naturmotive zeigen.

Invocabit: Anrufung ist als Paperback-Ausgabe bei tredition erschienen und kostet 14,99 € (rd. 300 Seiten). Das Buch kann sowohl beim Verlag als auch über den Versand- oder den stationären Buchhandel erworben werden.

2 Kommentare:

  1. Hallo Ina,
    das hört sich nach schwerer Kost an. Da schau jetzt lieber mal nach deiner Rezension zu Peter Stamm ;)
    liebe Grüße, Tina

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    1. Hallo Tina,
      nein, schwere Kost ist es eigentlich nicht. Aber wegen der Dinge, die ich im letzten Abschnitt angemerkt habe, braucht man hier und da ein bisschen Durchhaltevermögen.
      Liebe Grüße,
      Ina

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