Das Hörbuch Das total gefälschte Geheim-Tagebuch vom Mann von Frau Merkel wird von Christoph Maria Herbst gesprochen, der diesen Part so gut übernimmt, dass man mit Joachim Sauer mitfühlt und -denkt. Merkels Gatte wird als ein liebenswerter Mensch charakterisiert, der oft gedanklich noch im Jahr 1989 festhängt und sich über die vielen Neuerungen unserer Zeit wundert, die für den Rest der Welt ganz selbstverständlich zu sein scheinen. Kann es nicht sein, dass der Begriff "Neuland", der der Kanzlerin im Zusammenhang mit dem Internet zugeschrieben wird, eigentlich aus dem Mund ihres Mannes stammt?
Joachim Sauer kommt in diesem Buch ziemlich gut weg. Ein paar liebenswerte Schrullen hat doch jeder, oder? Er liebt seine Frau, hat keine Ahnung, was sie den ganzen Tag über macht und hadert mit seiner eigenen Bedeutungslosigkeit. Was ist schon ein langweiliger Professor gegen eine Bundeskanzlerin, die die Wichtigen dieser Welt trifft und ständig um den Globus jettet? Wenn er über die Kanzlerin spricht, ist mal von "Mutti" und mal von "Angela" die Rede.
Sauer ist stolz auf seine Angela, ärgert sich allerdings über einige "Störgeräusche": Regierungssprecher Seibert ist ihm zu arrogant und zeigt ihm durch sein Schweigen, auf welcher Stufe der Hühnerleiter sich der Kanzlerinnengatte einzuordnen hat.
Und dann ist da noch Beate Baumann, Angela Merkels Büroleiterin und engste Vertraute. Sauer hat oft den Verdacht, dass "die Baumann", wie er sie verächtlich nennt, ihn von seiner Frau abschirmt und ihr mehr Essen zusteckt, als es Angela guttut. Der Beweis: Die Kleiderprobe vor wichtigen Anlässen endet für Merkel regelmäßig damit, dass sie neue Blazer oder ein weiteres Kleid braucht.
Manchmal kocht und backt Angela Merkel auch. Über die Qualität dessen, was ihre Küche verlässt, sind sich alle insgeheim einig. Die zum Eintopfessen eingeladene Ministerriege trifft sich vorher beim angesagten Lieblingsitaliener, und der Apfelkuchen, den Merkel an ihre Sicherheitsbeamten verschenkt, wird von denen gleich an das BKA weitergegeben: "Damit bringt der Mossad iranische Wissenschaftler um", heißt es zur Begründung.
Sehr witzig ist z. B. die Charakterisierung von Ursula von der Leyen: Sauer trifft die Ministerin, als diese gerade auf einem Laufband trainiert. Gleichzeitig telefoniert sie mit ihrer Tochter und tippt mit der freien Hand eine Presseerklärung. An anderer Stelle baut sie ein IKEA-Möbelstück nicht mit Werkzeug, sondern allein mit Willenskraft auf. Fähigkeiten, die man sich selbst auch dann und wann wünscht.
Das Sauer-Tagebuch deckt den Zeitraum vom 31. Dezember 2011 bis zum 22. Januar 2013 ab. Da passiert einiges: Christian Wulff tritt von seinem Amt als Bundespräsident zurück, Joachim Gauck wird sein Nachfolger und die Fußball-WM in Polen und der Ukraine findet statt, um nur ein paar Eckdaten zu nennen. Und Angela ist immer irgendwie mittendrin.
In den knapp dreieinhalb Stunden Hörzeit kommen gefühlt alle Persönlichkeiten vor, die damals in der Politik mitmischten oder anders mit der Kanzlerin in Verbindung standen: die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, Merkels Frisör Udo Walz und der französische Präsident Nicolas Sarcozy. Sie und noch etliche andere Personen bekommen von Joachim Sauer ihr Fett weg - die einen mehr, die anderen weniger. Ein paar Personen sind wieder oder immer noch aktuell, über andere spricht heute kein Mensch mehr.
Ich habe das Buch vor einigen Jahren geschenkt bekommen und habe es auch als witzig in Erinnerung. Wenn man es im Jahr 2021 hört, sind einige der vermeintlichen Witzbolde ja schon gar nicht mehr politisch aktiv. Ich kann mir vorstellen, dass das den Spaß vielleicht ein bisschen schmälert. Stimme dir zu, auf jeden Fall was Nettes für Zwischendurch (vorgelesen von Christoph Maria Herbst bestimmt noch lustiger!).
AntwortenLöschenViele Grüße!
Es bekommen sogar einige ihr Fett weg, die heute bereits nicht mehr am Leben sind (z. B. Guido Westerwelle oder Udo Walz). Und Herbst trägt das Buch sehr gut vor, sodass auch die Witze, die ein bisschen auf der Kippe stehen, noch gut rüberkommen. LG
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