Der Blick auf die Schönen und Reichen
Die Informanten ist mein erstes Buch, das ich von Bret Easton Ellis gelesen habe. Es ist in der Originalausgabe 1994 nach Ellis' damals umstrittenen Buch American Psycho veröffentlicht worden.
Waren das die 1980-er Jahre in L. A.?
Ellis schildert das Leben der jungen Reichen in Los Angeles vor 30 Jahren. Sollte auch nur etwas an dieser Schilderung dran sein, hätte man den normalen Bürgern nur empfehlen können: Haut ab, so schnell ihr könnt.
In 13 Kapiteln, die alle aus der Perspektive von Ich-Erzählern geschrieben wurden, geht es um die gähnende Leere im Leben von vom Wohlstand übersättigten Menschen, denen es nicht mehr reicht, einfach nur mit ihren teuren Sportwagen durch die Straßen von Malibu und Bel Air zu kreuzen, ihr Geld mit vollen Händen in überteuerten Läden und Restaurants auszugeben oder sich mit Drogen zuzudröhnen.
Jeder von ihnen ist auf der Suche nach einem neuen Kick, der einen kurzzeitigen Höhepunkt im Tagesablauf schafft. Beziehungen sind derart oberflächlich, dass der Tod eines Menschen, den man gestern noch als seinen besten Freund bezeichnet hat, heute lediglich als Faktum registriert, aber keine Sekunde betrauert wird. Ist ein Mensch weg, kommt vor irgendwoher ein neuer, mit dem man Spaß haben kann.
Wie heißt die Steigerung von Verrohung?
Da wird Sex mit Minderjährigen mit Vampirismus kombiniert oder ein Zehnjähriger von der Straße entführt, weil er an einen Vampir weitergegeben werden soll. Doch dann erscheint es spannender und lukrativer, die Eltern des Kindes mit ihm zu erpressen. Doch auch das klappt nicht, weil die Hirne der drei an dem Kidnapping Beteiligten wegen des Nebels aus Drogen und Alkohol in ihnen keinen klaren Gedanken fassen können. Der Junge wird tagelang geknebelt und gefesselt in der Badewanne festgehalten, von einem der Entführer gequält und vom anderen schließlich brutal "entsorgt".
Diese Szene,die sich im elften Kapitel abspielt, hätte mich das Buch fast abbrechen lassen. Nur wer Spaß am Sadismus hat, kann dieser Schilderung noch etwas abgewinnen.
Die Informanten ist nichts für Zartbesaitete. Der Leser wird zu einem Zuschauer von absurden, selbst- und fremdzerstörerischen und morallosen Szenen. Ich habe keine Ahnung, ob es im L. A. der 1980-er Jahre tatsächlich so zuging, aber ich habe das Buch mit einer Mischung aus Schauder und Erleichterung, dass es nun geschafft ist, nach dem letzten Kapitel zugeklappt.
Die Informanten in der mir vorliegenden Ausgabe ist 2010 als 13. Band in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek: Metropolen: Los Angeles erschienen.
Ich finde das passt wunderbar ins Bild einer amerikanischen Gesellschaft. Dieses Buch würde ich nicht lesen wollen, aber es gibt genug andere, die soetwas recht gerne lesen. Schöne Rezension.
AntwortenLöschenDanke schön :-) Ja, wenn man Vorurteile hatte, werden sie mit diesem Buch bestätigt.
Löschen