Massenhaftes, zähes Morden ist an der Tagesordnung
Seit mehr als 30 Jahren ist er mit dem Schreiben erfolgreich, 43 Millionen Mal wurden seine Bücher verkauft, aber ich habe bislang keines von ihm gelesen. Das hat sich in dieser Woche geändert: Die Rede ist von Wolfgang Hohlbein, und ich stelle euch heute sein neuestes Buch Mörderhotel vor.
Nachhilfe für mittelalterliche Folterknechte
Der promovierte Arzt Herman Webster Mudgett besitzt ein riesiges Hotel in Chicago, das von seinem Freund Henry Holmes geleitet wird. Auch dieser ist Arzt, die beiden Männer kennen sich seit ihrer Studienzeit. Als im Jahr 1893 die 19. Weltausstellung in Chicago stattfindet, wirkt sich das auf die ohnehin spärlichen Besucherzahlen des Hotels fast nicht aus. Es kommen jedoch interessante Gäste: Arlis Christen und der von ihr engagierte Privatdetektiv Frank Geyer wollen sich auf die Suche nach Arlis' Schwester Endres machen, die seit geraumer Zeit verschwunden ist. Sehr schnell findet Geyer heraus, dass Endres für Holmes gearbeitet hat und hat so eine erste Spur. Doch von seiner Auftraggeberin weiß er auch, dass sie von ihrer Schwester zahlreiche Briefe erhalten hatte, in denen sie davon schrieb, sich verliebt zu haben - in einen Herrn Mudgett, der von Beruf Arzt sei. Arlis Christen und Peter Geyer haben noch keine Ahnung, in welch tödlicher Gefahr sie sich befinden.
Leichen pflastern seinen Weg...
Herman Mudgett ist ein skrupelloser Mörder, der schon in seiner Kindheit den, wie er es nennt, "Pakt mit der Dunkelheit" geschlossen hat. In seiner Vorstellung wird er vom Tod dabei beobachtet, wie er Menschen bis zu ihrem letzten Atemzug quält und glaubt, dass der Tod seine Methoden auch bewerten würde. Doch es wird schon auf den ersten Seiten klar, dass Mudgett nichts anderes ist als ein Psychopath mit extrem ausgeprägten sadistischen Zügen. Wenn es darum geht, einen Menschen geplant umzubringen, wird ihm von seinem willigen Helfer William Peizel assistiert, einem Kerl mit der Figur eines Mittelgebirges, der vorher im örtlichen Schlachthof für die Drecksarbeit zuständig war. In Mudgetts Folterkeller, versteckt im Kellergewölbe des Hotels, ist alles bestens darauf ausgerichtet, dass dort in aller Ruhe und völlig unbemerkt die Opfer gequält werden können. Der Keller ist schalldicht, die Toten werden wahlweise im Säurebad aufgelöst oder in einem eigens angefertigten Ofen verbrannt. Die Foltermethoden sind bis ins Kleinste perfektioniert: Als Arzt weiß Mudgett, was besonders weh tut und wie man das Sterben so lange wie möglich ausdehnt. Er ist intelligent und selbstsicher, spürt jedoch, dass der Privatdetektiv Geyer dabei ist, ihm auf die Spur zu kommen. Er setzt Peizel darauf an, sich um den Mann zu "kümmern".
Mordlust schon im Kindesalter
Mudgett wird 1860 in Gilmanton, einem Kaff in New Hampshire, geboren und wächst bei seinen strenggläubigen Eltern auf. Besonders sein Vater legt bei dem Begriff "Gottesfurcht" den Schwerpunkt auf den zweiten Teil des Wortes. Das Leben des Jungen ist geprägt von Schule, Arbeit und dem Kirchgang einschließlich der Sonntagsschule. Im Alter von fünf Jahren wird er von zwei Zehnjährigen verprügelt, doch es gelingt ihm, sich zum Schluss so erfolgreich so wehren, dass die beiden Verletzungen davontragen, die nie mehr ganz ausheilen sollen. Schon damals spürt er die Mordlust, kann sie aber noch niederringen. Doch fünf Jahre später gelingt ihm das nicht mehr, und die beiden Jungen, mit denen er sich zwischenzeitlich angefreundet hatte, werden seine ersten Mordopfer. Herman gelingt es jedoch, den Verdacht auf den Indianer Tohorse zu lenken, der sich auf der Durchreise in Gilmanton aufgehalten hat. Ein Jahr später wird Tohorse trotz seiner Unschuldsbeteuerungen zum Tode verurteilt. Schon das Kind Herman war also kein Mensch, den man unbedingt ins Herz schließen würde.
Wie war's?
Angesichts dessen, dass es sich bei Wolfgang Hohlbein um einen Autor handelt, der über reichlich Schreiberfahrung und Wissen, wie man einen Spannungsbogen aufbaut, verfügt, war ich von Mörderhotel ziemlich enttäuscht. Echte Spannung habe ich vergebens gesucht, gefunden habe ich eher das Gruseln: Die Mord- und Folterszenen wurden im wahrsten Sinne des Wortes regelrecht ausgeschlachtet. Die Handlung orientiert sich grob an der Mordserie des US-Serienmörders Herman Mudgett, der eine unbekannte Zahl von Menschen getötet hat - Schätzungen schwanken zwischen mehreren Dutzend und deutlich mehr als 200 Opfern. Er wurde 1896 hingerichtet.
Sehr schade fand ich, dass es auch etliche Fehler gab, die ein aufmerksamer Lektor hätte finden sollen: So stimmte beispielsweise eine Kapitelüberschrift nicht - die Handlung in diesem Abschnitt geschah fünf Jahre später, als es dort angegeben war. Auch im weiteren Text ergibt sich ein Fehler bei den zeitlichen Abständen. Und was mich besonders stört, war hier häufig vertreten: Etliche Male gab es Wortwiederholungen innerhalb von zwei Zeilen, auch wurden für vergleichbare Zustände immer dieselben Worte oder Wendungen benutzt. Ich habe irgendwann die Stellen, in denen etwas "vor Dreck starrte" überlesen. Auch die "Agonie" wurde sehr oft bemüht. Vielleicht bin ich da zu kleinlich, aber das hier ist nicht das Erstlingswerk eines Newcomers, sondern das Buch eines Vielschreibers, von dem ich einfach mehr erwartet hatte.
Dass ein Verlag ein Buch außerdem so gestaltet, dass sich beim Lesen des Textes auf dem Schutzumschlag des Rätsels Lösung ergibt, habe ich bei diesem Thriller zum ersten Mal erlebt. Ein Buch, das sich selbst spoilert.
Ich glaube nicht, dass ich in der nächsten Zeit einen weiteren Titel von Wolfgang Hohlbein lesen werde.
Ich bedanke mich bei bloggdeinbuch, wo mir dieses Buch zur Verfügung gestellt wurde. Mörderhotel kann beim Verlag Bastei Lübbe bestellt oder in jeder Buchhandlung zum Preis von 22,-- € gekauft werden (Hardcover). Die Audio-CD ist für 13,99 € erhältlich, die Kindle-Edition und die epub-Ausgabe kosten je 16,99 €.
Die Fehler hätten mich auch geärgert, ausgerechnet bei einem Autor, der einen starken Verlag im Rücken hat. Tja, Verkaufszahlen sind keine Garantie für Fehlerlosigkeit.
AntwortenLöschenIch hatte beim Lesen angesichts dieser Fehler die Ahnung, dass Hohlbein dieses Buch mit vielen Pausen zwischen den Schreibabschnitten verfasst hat. Aber da hätte dann der Lektor intervenieren können. Fehler finden sich in jedem Buch, aber bei diesem fand ich es zu üppig. Aber es beruhigt mich, dass du dich über so etwas auch ärgern kannst; -)
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