Freitag, 28. Oktober 2022

Frankfurter Buchmesse 2022 - ein Rückblick auf spannende Tage

Anstelle einer Rezension erzähle ich heute von
meinem Besuch auf der Frankfurter Buchmesse 2022. Mit meiner Begleiterin bin ich vom 19. bis zum 21. Oktober durch die Messehallen gestreift. Hat es sich gelohnt?

Eines vorweg: An die Zahlen "vor Corona", also aus dem Jahr 2019, kam die Buchmesse nicht heran. Weniger Aussteller, freie Flächen in den Hallen und weniger Besucher sind für die Einnahmen der Frankfurter Buchmesse GmbH nicht günstig, für die Besucherinnen und Besucher ist der Aufenthalt aber wesentlich entspannter. Wer auf der Buchmesse 2019 gewesen ist (Stichwort: Messesamstag, Halle 3.0), weiß, was ich meine.

Auf der Agora sah man sofort, welches Land in diesem Jahr der Ehrengast war: Spanien. Das weltbekannte Museo del Prado aus Madrid hatte dort seine Wanderausstellung La Prado en las calles (Der Prado in den Straßen) aufgebaut, die schon in zahlreichen Städten wie z. B. Havanna, Guatemala-Stadt oder Manila sowie mehreren spanischen Städten zu sehen war. Dabei wurden die wichtigsten Meisterwerke des Museums als Reproduktionen in Originalgröße gezeigt. Das hat natürlich nichts mit Büchern zu tun, ist aber ein schöner Einstieg, um das Land kulturell besser kennenzulernen.

In Halle 3.0 zogen vor allem die Stände der größeren Verlagshäuser die Interessenten an. Uns auch. Aber ich will hier nicht auf einzelne Bücher verweisen, die mir ins Auge gefallen sind, dann würde der Text zu lang werden. Es soll hier mehr um die Besonderheiten gehen, die mir besonders gefallen haben. 

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vor dieser Messe noch nie von der Stiftung Illustration mit dem Bilderbuchmuseum Troisdorf gehört hatte. Die Stiftung wurde 2005 von den Städten Troisburg und Siegburg gegründet und will die Illustrationskunst fördern. Das Bilderbuchmuseum ist europaweit das einzige dieser Art. Es verfügt über Sammlungen mehrerer Illustratorinnen und Illustratoren und veranstaltet Ausstellungen. Am Stand wurden einige Illustrationen gezeigt, und den anwesenden Mitarbeiterinnen war die Freude an ihrer Tätigkeit anzumerken.

Ebenfalls in Halle 3.0 wurden wir fast überfallartig von einer Frau angesprochen, die um Aufmerksamkeit für die mittlerweile zehn Bücher ihres Mannes aus dem Spica-Verlag warb. Sie trug uns die Inhalte aller Mystery Thriller vor, die ihr Mann bislang veröffentlicht hatte. Schon das war beeindruckend, aber ihr Engagement war es noch mehr. Mit diesem starken Rückhalt kann nichts mehr schiefgehen, oder? Danke Frau Roth für das sehr nette Gespräch.

In Halle 3.1 haben wir bei der Bundeszentrale für politische Bildung einen Stopp eingelegt. Dort waren alle aktuellen Publikationen zur Ansicht ausgelegt. Wer sich für Politik und Geschichte interessiert, ist dort genau richtig. Wer nicht, sollte sich beim nächsten Mal trotzdem dort umschauen und bei den spannenden Titeln "Feuer fangen".

Ein paar Meter weiter war der Stand des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Ich glaube, dass die wenigsten Menschen, die dort schauten, dies taten, um sich zu informieren. Dazu hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielleicht etwas offensiver sein und auf die Menschen aktiv zugehen müssen. Viele, die dort stoppten, griffen nach einem der Give-Aways und zogen weiter. Wie vielen Leuten ist die tolle Außenwand des Standtresens aufgefallen? Ich habe die Bepflanzung erst wahrgenommen, als ich unmittelbar davor stand und mir der Geruch von Basilikum in die Nase stieg. Die ganze Seite ist mit Kräutertöpfen bestückt gewesen, die jeden Abend gegossen wurden. Der Herr links äußerte die Hoffnung, dass die Kräuter nach der Messe nicht vernichtet, sondern genutzt werden.

Im selben Gang hatte der Diogenes Verlag seinen Stand. Dort habe ich mir ein Buch angesehen, von dem ich schon begeisterte Rezensionen gelesen hatte: Papyrus von der spanischen Autorin Irene Vallejo. Es geht um die Geschichte der Bücher und darum, wann der Mensch mit dem Lesen begann und welche Entwicklung dadurch ausgelöst wurde. Der Titel liest sich nicht wie ein trockenes Geschichtsbuch, sondern wie ein spannender Roman. Ich musste mich förmlich von diesem Buch losreißen.
Dort waren auch zwei Promis anwesend: Die Krimiautorin Donna Leon und der Literaturkritiker Denis Scheck. Besonders spannend war daran aber eher nichts.

Der Besuch beim Polar Verlag durfte auf keinen Fall fehlen. Völlig zu Recht bezeichnet er sich als "DER Verlag für anspruchsvolle Kriminalromane". Den Kontakt zwischen uns gibt es bereits seit einigen Jahren und ich freue mich sehr, dass der Verlag die letzten schwierigen Jahre gut überstanden hat und sich seine Fans auf viele weitere spannende Pageturner freuen können. Die Rezensionsexemplare, die mir von Frau Kuhlmann überreicht wurden, sind Pickard County von Chris Harding Thornton und Pleasantville von Attica Locke, das am 15. November 2022 auf den Markt kommt. In meinem Bücherregal stehen bereits etliche Polar-Krimis, und ich könnte jeden empfehlen.

Die Austeller in Halle 4.0 kamen mehrheitlich aus Nord- oder Osteuropa sowie aus arabischen Ländern. Die meisten hatten Literatur in ihren Heimatsprachen ausgelegt, was für uns eher uninteressant war.

Sehr interessant hingegen war das Gespräch mit Margarita Stein, der Geschäftsführerin der Anthea Verlagsgruppe aus Berlin. Der Verlag veröffentlicht Titel aus den Bereichen Lyrik, Belletristik und Zeitgeschichte und kann von sich sagen, das Werk eines Literaturpreisträgers in seinem Programm zu haben: 2021 gewann der bulgarische Autor Georgi Bărdarov mit seinem Roman Absolvo Te den Literaturpreis der Europäischen Union. Ich habe mich sehr gefreut, als er zufällig zum Anthea-Stand kam und mir ein Rezensionsexemplar signiert hat. Das Buch werde ich demnächst hier vorstellen.

Frau Stein empfahl noch ein weiteres Buch aus ihrem Programm: In ihrem biografischen Roman Glut im Eis hat Inge Ruth Marcus sich dem bewegten Leben ihrer Großeltern gewidmet, das von Flucht geprägt war. Die Lebenslinien von vier Generationen wurden davon beeinflusst, dass sich immer wieder politische Verhältnisse änderten und die Familie nur deshalb ihr Leben retten konnte, weil sie in einem (weiteren) fremden Land eine neue Heimat suchte. 

Wer sich im Bildungsbereich umsehen wollte, war in Halle 4.2 richtig. Wissenschaftsverlage und Universitäten zeigten dort ihr Repertoire. Das war interessant, aber hier reichte ein grober Überblick.


Völlig klar, dass ein Besuch im Forum, wo der Ehrengast Spanien seine Sonderausstellung zeigte, nicht fehlen durfte. Das Motto lautete "Creatividad Desbordante", was mit "Sprühende Kreativität" übersetzt werden kann. Diese sprühende Kreativität hat sich vor allem in technischen Dingen gezeigt: Aus in Mikrofone gesprochenen Wörtern wurden bunte Farbbilder, die auf Standbildschirmen zu sehen waren; ein Drucker stellte Geschriebenes in Brailleschrift dar; ein mechanischer Arm schrieb
 live ein Universal Poem, ein von der Menschheit geschriebenes Gedicht; auf einer Installation aus Glasscheiben und Licht stand ein Gedicht, das einer Paula Romero gewidmet war.
In einem Teil des Raums waren weiße, mit spanischen Wörtern bedruckte Stoffbahnen aufgehängt worden, die sich bei jedem Luftzug leicht bewegten. Nicht zuletzt hatte der Ehrengast an einer der Wände eine hohe geschwungene Bücherwand aufgestellt, wo überwiegend spanischsprachige Titel, aber auch Übersetzungen gezeigt wurden. Davor war eine Landschaft aus Sitzschläuchen aufgebaut worden. Vieles war zwar schön anzusehen, aber mir hat der besondere Bezug zu Spanien und die Vermittlung des dortigen Lebensgefühls gefehlt. Die Exponate hätten nach einem Sprachenaustausch von jedem beliebigen anderen Land stammen können. In der Vergangenheit hat es Ausstellungen von Ehrengästen gegeben, denen es besser gelungen war, eine Brücke zu ihrer Heimat zu schlagen.




Zum guten Schluss stand ein Besuch in Halle 6 an.
Ausschnitt Stand der chin. Regierung

Hier waren internationale Verlage vertreten. China war mit großen Ständen sehr präsent. Ein Stand wurde von der chinesischen Regierung betrieben, zwei weitere von chinesischen (unabhängigen?) Verlagen. Was nicht fehlen durfte, war der 4-teilige Bestseller des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping China regieren. Er wurde auf dem Regierungsstand von weiteren hilfreichen Büchern Xis sowie Titeln, die die Großartigkeit des Reichs der Mitte verdeutlichten, eingerahmt. Xis Buch gibt es selbstverständlich in etlichen weiteren Sprachen.
Auffällig war das völlige Fehlen von Belletristik oder Lyrik. Das Buchangebot beschränkte sich auf Titel, die - sagen wir mal - "hilfreich" waren. 

Interessant war auch, dass die asiatischen Verlage (abzüglich China) einen Schwerpunkt auf Kinderbücher gelegt hatten. Im Gegensatz zu deutschen Exemplaren hatten diese Bücher kreischbunte Cover, die in Deutschland vermutlich viele Eltern eher davon abhalten würden, solch ein Buch zu kaufen.
Ich zeige hier einige allgemeine Impressionen aus der Halle, um einen Eindruck zu vermitteln:






Dem Aufruf, der am Eingang zum Forum angebracht war, schließe ich mich an und beende damit meinen Bericht von der Frankfurter Buchmesse 2022. Wenn es geht, werde ich im nächsten Jahr wieder dort sein. Aber wer weiß schon, was in einem Jahr ist.


Nachtrag: Viele werden wissen, dass ich mein Leben auf "drei Beinen" verbringe. In einigen Tagen werde ich in meinem anderen Blog Das tägliche Gruseln darüber schreiben, wie mir die Frankfurter Buchmesse aus meiner Perspektive als behinderte Besucherin gefallen hat. Wenn es soweit ist, werde ich das bei Twitter und Instagram veröffentlichen.
Nachtrag 2: Eben habe ich den Blogtext auf Das tägliche Gruseln veröffentlicht. Schaut vorbei!

2 Kommentare:

  1. Dankeschön, liebe Ina, für Deinen wundervollen Bericht. ich konnte mich in allem sehr gut hineinversetzen. GlG, Mira

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Mira, ich freue mich, dass dir mein Bericht gefallen hat. Vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr auf der Buchmesse. LG Ina

      Löschen