Nacht Szenen, die von so viel Rücksichtslosigkeit, Brutalität und Gewalt erzählen, dass man hofft, dass sie in der realen Welt nicht passieren. Doch beim Blick auf die Lebensdaten des Autors kommt man in der Wirklichkeit an: Scott war mehr als zwanzig Jahre DEA-Agent. Die DEA ist die US-amerikanische Behörde, die für die Bekämpfung des Drogenhandels zuständig ist.
2014 wird im mexikanischen Igualpa ein Bus mit Lehramtsstudenten, die sich auf dem Weg zu einer Demonstration in Mexiko-Stadt befinden, von Polizisten gestoppt. Die Studenten werden von ihnen an Kriminelle der 'Guerreros Unidos', einem bewaffneten Arm eines Drogenkartells, übergeben. Einige werden noch an Ort und Stelle ermordet, die Mehrzahl von über vierzig jungen Frauen und Männern wird verschleppt. Viele werden kurze Zeit später in einem Massengrab gefunden, einige sind bis heute vermisst.
Scott hat dieses Ereignis als Einstieg in die Handlung gewählt, es aber in die Nähe der mexikanischen Kleinstadt Ojinaga verlegt. Der Ort liegt direkt am Rio Grande, dem Grenzfluss zwischen Mexiko und den USA, und gegenüber des Big Bend Nationalparks in Texas. Für die Ermordung und Entführung der Studenten ist das Nemesio-Kartell verantwortlich, an dessen Spitze Fox Uno steht.
In der Kleinstadt Murfee mitten im Big Bend County hat Sheriff Chris Cherry das Sagen. Cherry wird auf das kriminelle Treiben in der Grenzregion aufmerksam, als sein Deputy Danny Ford fünf im Rio Grande treibende männliche Leichen findet. Er vermutet den äußerst brutalen und grausamen Bandenchef hinter den Morden und findet sich unversehens inmitten eines Konflikts zwischen zwei Drogenkartellen wieder, die einen durch den Überfall auf die Studenten ausgelösten Bandenkrieg auch in seinem County ausfechten.
Doch auch Fox Uno hat ein Problem: Er registriert, dass die Zahl seiner Männer, auf die er sich verlassen kann, geschrumpft ist. Es wird offensichtlich, dass am Ast seiner Macht gesägt und er von Auftragsmördern verfolgt wird. Um die Vorherrschaft des Kartells kämpfen sein eigener Sohn und ein anderes Kartell. Fox Uno muss fliehen und taucht plötzlich in Murfee auf - ausgerechnet bei seiner Nichte Deputy América Reynosa, die bereits früher im Verdacht stand, Kontakt zu mexikanischen Kriminellen zu haben. Fox Uno erhofft sich von ihr Sicherheit, wenn nicht sogar Freiheit. Insbesondere der DEA-Agent Joe Garrison traut der jungen Frau aus Cherrys Team wegen ihrer Herkunft nicht über den Weg. Er ist sogar gegenüber Sheriff Cherry misstrauisch und vermutet ihn auf einer Gehaltsliste der mexikanischen Drogenmafia.
Joe Garrison und Chris Cherry sind sich darin einig, dass die Auftragskiller von amerikanischen Polizeibeamten unterstützt werden. Sie ahnen noch nicht, wie nah ihnen die Verräter sind.
Lesen?
Schon in den ersten beiden Bänden um Sheriff Chris Cherry hat J. Todd Scott sein Talent zum spannungsreichen Schreiben bewiesen. Diese Seite der Nacht erfüllt die Erwartungen voll und ganz.
Die Handlung des Krimis läuft auf einen extrem bleihaltigen Showdown zu, in den die Leserinnen und Leser förmlich hineingezogen werden. Hier macht sich Scotts Expertise als ehemaliger Bundesagent bezahlt.
Neben diesem roten Faden erzählt Scott von Chris Sherrys privaten und dienstlichen Problemen, die den Verlauf des Buches ebenso beeinflussen wie das mexikanische Paar, das den Anschlag auf den Bus überlebt hat und sich unter haarsträubenden Umständen zur Grenze durchschlägt.
Diese Seite der Nacht ist 2005 im Polar Verlag erschienen und kostet 26 Euro. Das Original wurde 2019 unter dem Titel This Side Of Night veröffentlicht.
Nachtrag: In der Bücherkiste wurde mit Weisse Sonne vor zwei Jahren der zweite Band der Reihe vorgestellt.
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